Politik

Stronach: "Leben in Scheindemokratie"

Seit dem KURIER-Bericht zu Wochenbeginn, dass Frank Stronach im Herbst eine Partei auf den Weg in die Nationalratswahl 2013 schicken will, sind die politischen Ambitionen des 79-jährigen Austro-Kanadiers in aller Munde. Wir fragten nach.

KURIER: Herr Stronach, können wir das Interview mit einer Frage beginnen?

Frank Stronach: Natürlich.

Ich frage, weil Sie ja einen, sagen wir: eher emotionellen Auftritt in der ZiB 2 hatten.

Ich bin davon überzeugt, dass der ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) gewaltige Probleme mit sich bringen wird. Aus diesem Grund ging ich in die ZIB 2. Es war von vornherein absehbar, dass der ORF wenig Interesse daran hatte, dass ich die Zuseher auf den Knebelvertrag ESM aufmerksam mache. Darum habe ich in der Sendung mit Nachdruck auf den ESM hingewiesen.

Sagen Sie uns konkret, ob es bei den Wahlen 2013 eine Stronach-Partei geben wird?

Ich habe immer betont, dass ich keine eigene Partei gründen werde. Ich bin aber bereit, eine Parteigründung zu unterstützen, sofern die richtigen Personen mit gutem Charakter vortreten, die meine Grundprinzipien – Fairness, Transparenz und Wahrheit –, wie ich sie in der Broschüre "Eine geistige Revolution für Österreich" dargelegt habe, unterstützen.

Mit dem BZÖ haben sich Gespräche über eine Unterstützung zerschlagen?

Ich habe mich mehrmals mit Josef Bucher getroffen, schätze ihn und finde, er ist ein angenehmer Mensch. Viele Menschen haben aber ihren Wunsch nach einer neuen politischen Bewegung zum Ausdruck gebracht. Peter Westenthaler kenne ich schon sehr lange, ich schätze ihn sehr. Als er noch jünger war, hat er Fehler gemacht. Wir haben mehrmals zusammengearbeitet, und es kann durchaus sein, dass wir in der Zukunft etwas gemeinsam machen werden. Aber eines ist klar: Peter wird auf keiner politischen Liste einer von mir unterstützten Partei sein.

Sie sind fast 80 – warum tun Sie sich politisches Engagement eigentlich noch an?

Ich brauche keinen Titel und keine Auszeichnung, ich möchte Österreich dienen. Das Leben war unglaublich gut zu mir. Es ist schön, dass ich ökonomisch frei bin, das macht mich unabhängig, ich kann mich äußern. Es ist mein Gewissen, das mir gebietet, die Menschen auf die Probleme in unserem Land aufmerksam zu machen und etwas für eine bessere Zukunft beizutragen.

Wie viel Ihrer Zeit leben Sie in Österreich?

Ich bin regelmäßig für mehrere Wochen in Österreich und sehr gerne hier.

Sie haben öffentlich an das "Gewissen" der österreichischen Abgeordneten appelliert, gegen den Euro-Rettungsschirm zu stimmen, ziehen gegen Währungsunion und Euro her – was soll stattdessen kommen?

Für mich ist es ganz klar: ESM steht für Europäischer Schulden Mechanismus! Alle Länder sind verschuldet, und nun haften alle selbst verschuldeten Länder für solche, die sogar noch mehr Schulden haben. Wie soll das funktionieren? Eigentlich handelt es sich um einen Fall der Insolvenzverschleppung. In der Privatwirtschaft muss man dafür ins Gefängnis.

Der Trend geht doch in Richtung mehr Europa, um gegen die Märkte etwa in Asien bestehen zu können.

Ich bin für ein starkes Europa. Aber es sind Vielfalt und Wettbewerb, die Europa stark machen. Auch Währungen sollen miteinander im Wettbewerb stehen, sie sind das ökonomische Spiegelbild eines Landes.

Aber Ihre Firmen profitieren doch von den offenen Märkten.

Unsere Firmen funktionieren gut, weil wir in der ganzen Welt tätig und weil wir wettbewerbsfähig sind. Ich bin für faire Märkte, es soll freier und fairer Wettbewerb herrschen. Dafür braucht man aber kein Zentralkommando aus Brüssel und keinen Euro.

Aber EU-Förderung haben Ihre Unternehmen in Österreich schon bezogen, oder?

Österreich ist Nettozahler, zahlt also mehr ein, als rauskommt. Das ist das Geld der Bürger, der Arbeiter. Magna hätte mehr Gewinn gemacht, wenn wir unsere Fabriken in Billiglohn-Ländern angesiedelt hätten. Ich bin Österreicher, und ich wollte und will etwas für Österreich tun.

15 Millionen Euro Förderungen von der EU, stimmt die Größenordnung?

Ich stehe für Transparenz. Meine Finanzleute können das recherchieren.

Was haben Sie als Autozulieferer davon, wenn die nach Griechenland exportierten Autos aufgrund des weggefallenen Euros teurer sind und nicht gekauft werden?

Geld muss erarbeitet und verdient werden. Wir können doch nicht den Griechen Geld geben, damit sie dann Autos kaufen können!

Sie sind für Steuersenkungen und gegen hohe Staatsschulden – wie geht das?

Es wäre nicht möglich, die Steuern von heute auf morgen drastisch zu senken. Ich bin aber überzeugt, dass wir durch eine nachhaltige Systemänderung viel effizienter werden und so auch die Steuern senken können. Ich betone: ich spreche von einem zivilisierten Abbau der aufgeblasenen Verwaltung. Es ist ja nicht Schuld der Staatsangestellten, dass wir überverwaltet sind, es ist die Schuld der Politiker!

Apropos Steuer: Sie sind in Österreich steuerpflichtig – verraten Sie uns, wie viel Sie hier Steuer zahlen?

Ich bin ein internationaler Bürger und habe internationale Firmen. Es gibt internationale Abkommen und Steuergesetze, und diesen entsprechend zahle ich Steuern in Österreich, in Kanada (den größten Teil) und in der Schweiz.

Politik kann man sich nicht kaufen, hat Finanzministerin Fekter im KURIER an Ihre Adresse gesagt.

Ich habe sehr gestaunt, als ich das gelesen habe. Ich gebe mein eigenes Geld aus, um die Österreicher auf Missstände und mögliche Lösungen aufmerksam zu machen. Die Politiker geben das Geld der Steuerzahler aus, um sich Wählerstimmen zu kaufen und an der Macht zu bleiben.

Was ist Ihre Hauptkritik an der Regierung?

Wir leben in einer Scheindemokratie. Man muss sich einmal anschauen, wie die Regierung zusammenkommt. Es setzen sich auf der einen Seite die SPÖ, die Gewerkschaft und die Arbeiterkammer zusammen und sagen, wer kommt auf die Liste. Auf der anderen Seite setzen sich die ÖVP, die Raiffeisenbank, die Bünde und die Kammern zusammen und bestimmen, wer auf ihre Liste kommt. Dann mischen noch Erwin Pröll und Michael Häupl mit, und das sind dann die Abgeordneten. Das kann ja nicht funktionieren. Wir haben ein Machterhaltungssystem in Österreich.

Es standen viele Politiker in Ihrem Sold – jemand davon tauglich für Ihre politischen Ambitionen?

Ich kenne viele Politiker persönlich, und die meisten sind nette Personen. Es sind auch ein paar gescheite dabei, denen ich die Möglichkeit gegeben habe, in der Privatwirtschaft etwas dazuzulernen. Es ist wichtig, dass Politiker Erfahrung in der Privatwirtschaft haben. Wir haben zu viele Berufspolitiker. Was die Mitarbeit bei einer neuen politischen Bewegung anlangt, freue ich mich, wenn Menschen meine Grundwerte unterstützen.

Wo wollen Sie in 10 Jahren politisch stehen in Österreich, was wollen Sie erreicht haben?

Österreich soll wettbewerbsfähig sein, der Wohlstand soll höher sein, es soll wesentlich weniger Armut geben, die Schulden und damit die Zinszahlungen sollen deutlich reduziert sein, wir sollten ausgezeichnete Schulen und Universitäten haben, eine Bevölkerung, die zusammenhält und für Österreich einsteht, mehr Freiheit für den Einzelnen. Wie viele Seiten haben Sie noch Platz? (lacht)

Zur Person: Reicher Onkel aus Übersee

Frank Stronach wurde 1932 in der Steiermark als Franz Strohsack geboren. Als gelernter Werkzeugmacher wanderte er 1954 nach Kanada aus, schlug sich mit Jobs (Tellerwäscher) durch und machte später aus einer kleinen Garage die Magna International, eines der weltweit führenden Autozulieferunternehmen.

In den 80er-Jahren kehrte Stronach nach Österreich zurück. 1986 entstand Magna Europa mit der Magna Holding in Niederösterreich. Stronach engagierte sich auch als Financier im Fußball (Austria Wien, Wr. Neustadt) und baute in Ebreichsdorf die Pferderennbahn Magna Racino. 2010 gab Stronach die Magna-Führung ab.

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