Stars als umstrittene Wahlhelfer für Putin
Die Liste der sogenannten Bevollmächtigten von Präsidentschaftskandidat Wladimir Putin, die die Zentrale Wahlkommission bestätigt hat, liest sich wie ein russischer Promi-Almanach. Künstler und Kulturschaffende sollen für Putin, der bei den Wahlen am 4. März zum dritten Mal nach dem Kreml-Schlüssel greift, werben und ihn bei den TV-Duellen gegen seine Wadenbeißer vertreten. Putin selbst wird nicht auf dem heißen Stuhl sitzen – der übervolle Terminkalender des Premiers lässt das angeblich nicht zu.
An seiner Stelle sollen unter anderem die Operndiva und österreichisch-russische Doppelstaatsbürgerin Anna Netrebko, Star-Dirigent Valery Gergiev und der Schauspieler Oleg Tabakow in den Ring steigen. Der 1935 geborene Tabakow ist in Russland so populär wie das seit zwölf Jahren von ihm geleitete Künstlerische Theater in Moskau. Vor allem sein Engagement für Putin sorgte bei kritischen Beobachtern für einen Aufschrei der Entrüstung.
Vorwärtsverteidigung
Tabakow parierte die Angriffe durch aggressive Vorwärtsverteidigung: Obwohl mit staatlichen Auszeichnungen überhäuft, habe er sowohl zu Sowjetzeiten als auch im postkommunistischen Russland zur Macht kritische Distanz gewahrt und sich allein seinem Gewissen verpflichtet gefühlt. Das Publikum würde das mit Applaus honorieren, sobald er die Bühne betrete, sagte er in einem Interview für den russischen Dienst von Radio Liberty.
Zwar räumte Tabakow ein, dass der Staat seit Putins Machtübernahme 2000 sein Theater kräftig bezuschusst. Seine Kritiker würden ihm jedoch bitter Unrecht tun, wenn sie ihm merkantile Interessen unterstellten. Putin stehe konkurrenzlos da. Er sei der einzige der fünf Kandidaten, der mit den Problemen Russlands fertig werden könne.
Die Argumente der jüngsten Massenproteste, die Putin verhindern wollen, verunglimpfte Tabakow als "Weiber-Logik". Doch irren sei bekanntlich menschlich. Auch wenn es sich inzwischen in ganz Russland um mehrere Hunderttausend Menschen handelt, die irren.
Daraus spricht der ganze Dünkel, den Russlands Intelligenz sich schon im Zarenreich und in der Sowjetära gegenüber den Massen leistete: Das Volk sei nicht in der Lage, seine Interessen zu formulieren und schon gar nicht, sie zu vertreten. Es brauche daher Fürsprecher. Andererseits hat die nach eigener Darstellung politikferne Protestbewegung aus freien Stücken vor allem Künstler und Kulturschaffende zu ihren Führern erkoren. Schon allein deshalb musste auch Putin auf diese Klientel zurückgreifen, um das gestörte Kräftegleichgewicht wiederherzustellen.
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