Politik

Spanien: Jagd auf den "Tyrannenjäger"

Als "Tyrannenjäger" hat er Diktatoren, Terroristen und Drogenbosse verfolgt – nun sitzt Baltasar Garzon selbst auf der Anklagebank. Dem spanischen Starjuristen wurde laut seinen Anhängern zum Verhängnis, dass er sich für Opfer des Franco-Regimes einsetzte und dessen Gräueltaten in den Jahren 1939 bis 1945 aufdecken wollte.

2008 hatte Garzon im Auftrag einiger Opferverbände – Schätzungen zufolge wurden in der Diktatur 180.000 Menschen getötet – Ermittlungen aufgenommen. Als er 35 mittlerweile verstorbene Ex-Militärs und -Politiker, darunter Franco selbst, als Verantwortliche für die Verbrechen nannte, zeigte die faschistische Falange-Partei Garzon an. Grund: Er habe in drei Fällen dienstliche Anweisungen ausgegeben, die gegen Gesetze verstoßen hätten. Konkret geht es um das Amnestie-Gesetz von 1977, das damals einen friedlichen Übergang von der Diktatur zur Demokratie gewähren sollte.

Bald drei Verfahren? Ein Richter am Obersten Gerichtshof klagte Garzon an, dem nun 20 Jahre Berufsverbot drohen. Doch damit nicht genug: Gegen Garzon läuft auch ein Verfahren wegen der Abhörung von Telefonaten zwischen Verdächtigen in einem Korruptionsskandal und ihren Anwälten. Und es droht noch ein Prozess: Es gebe Indizien, dass Garzon Gelder der spanischen Santander-Bank angenommen habe, um Kurse an der Uni New York zu finanzieren, gab ein Untersuchungsrichter bekannt.

Die Prozessflut gegen Garzon, der vor Gericht stets in seiner Richterrobe erscheint, ist laut Garzons Anhängern und internationalen Menschenrechtsorganisationen eine Hexenjagd. Garzon, der wegen der Verhaftung des chilenischen Ex-Diktators Pinochet 1998 für den Friedensnobelpreis nominiert wurde, würde bei einer Verurteilung "das letzte Franco-Opfer", sagte der spanische Schriftsteller Juan Jose Millas. Am Wochenende zogen in Madrid Tausende Menschen, darunter viele Künstler und Intellektuelle, vor den Obersten Gerichtshof, um ihre Solidarität mit Garzon zu bekunden.