Pröll will Volksabstimmung zum Bundesheer
Das Wort des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll hat in der ÖVP großes Gewicht. Pröll wird sich demnächst auf seine Landtagswahlen im Frühjahr 2013 einstimmen. Im Gespräch mit dem KURIER nahm er noch zu Bundesthemen Stellung. Zum Bundesheer schlägt er eine Volksabstimmung vor. Lob gibt es für die Grünen und den Vizekanzler.
KURIER: Herr Landeshauptmann, alle sprechen über Frank Stronach. Muss sich die ÖVP vor ihm fürchten?
Erwin Pröll: Es ist ja schön, wenn jemand davon träumt, 30 Prozent zu machen und vielleicht auf Anhieb Bundeskanzler zu werden – wenn’s in der Politik so einfach wäre, dann gebe es viele Wunderkinder. Die ÖVP braucht sich vor ihm nicht fürchten. Sollte Stronach in Niederösterreich antreten, werden wir uns mit ihm auseinandersetzen. Themenfelder gibt es genug.
Die Koalition streitet seit vielen Monaten über das Bundesheer. Warum sind Sie für die Beibehaltung der Wehrpflicht?
Die Hochwasserkatastrophen, die wir in den vergangenen zehn Jahren in Niederösterreich in extremer Form zu verkraften hatten, haben einfach gezeigt, dass das Bundesheer mit der Wehrpflicht unverzichtbar ist.
Aber geht das nicht auch mit Berufssoldaten?
Der Punkt ist, dass in ausreichendem Ausmaß Personal und Gerätschaft zur Verfügung steht. Und das scheint mir beim Berufsheer nicht der Fall zu sein. Ich kann mit meiner 20-jährigen Erfahrung nur davor warnen, am Bundesheer herumzudoktern, wie das der Verteidigungsminister macht. Jemand, der das tut, spielt mit der Sicherheit des Landes und der Bevölkerung.
ÖVP und SPÖ werden sich zu dieser Frage bis zur Nationalratswahl nicht einigen.
Wenn es auf mich ankäme, hätte es zu dieser Frage schon eine Volksabstimmung gegeben. Ich kann für Niederösterreich mit Sicherheit behaupten, dass die Bevölkerung weiß, was sie dem Heer zu verdanken hat. Sie würde dem Berufsheer eine Absage erteilen.
Eine Volksabstimmung sollte wann stattfinden, so schnell wie möglich?
Ja. Ich finde es unverantwortlich, dass man in so einer wichtigen Frage eine derart eigenartige Diskussion führt. Ich finde es genauso unverantwortlich, dass der zuständige Minister mitten in den Olympischen Spielen die Akteure zusätzlich verunsichert. Dafür gibt es nur das Prädikat Verunsicherungsminister. Ich frage mich, wie lange schaut der Bundeskanzler als Teamchef da noch zu?
Sie attackieren den Bundeskanzler, mit dem sie einmal persönlich gut konnten. Ist das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört?
Wo sehen Sie bei meiner Frage eine Attacke? Das Verhältnis ist ein korrektes im Umgang miteinander. Aber gebrannte Kinder scheuen das Feuer, wenn Vertrauen gebrochen wird.
Ginge sich die Volksabstimmung vor der Nationalratswahl im Herbst 2013 aus?
Ja, die Abstimmung sollte aber nicht zu nahe an den Wahltermin gelegt werden.
Lob für Grüne
Eine Frage, die alles überlagert, ist die Zukunft des Euro. Wird die Euro-Zone zerfallen?
Ich stehe mit Jean Claude Juncker, dem luxemburgischen Chef der Euro-Gruppe, in bestem Kontakt. Bei ihm schlägt der Optimismus durch, dass der Euro diese schwierige Phase bestehen wird. Im Interesse der heimischen Wirtschaft hoffe ich, dass der Euro bald wieder unumstritten ist. Es gibt für Wirtschaft und Arbeitsmarkt nichts Wichtigeres als Kalkulierbarkeit.
Zur ÖVP – es gab eine kleine Regierungsumbildung. Sind Sie damit zufrieden?
Mich freut, dass der Vizekanzler Handlungsfähigkeit in Richtung Kärnten gezeigt hat. Die ÖVP hat damit gleichzeitig die Offensive signalisiert. Im Blick nach vorne kann ich nur sagen, sollte sich in Personalfragen die eine oder andere Möglichkeiten ergeben, dann vertraue ich der Entscheidungsfähigkeit des Vizekanzlers.
Der Wiener Bürgermeister präferiert auf Bundesebene Rot-Grün. Realistisch?
Ich theoretisiere nicht über Dinge, die ohnehin nicht in Reichweite sind. Da können der Herr Faymann und die Frau Glawischnig noch so oft wandern gehen. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Ich würde mir mehr Realitätssinn in Bezug auf Regierungskonstellationen wünschen.
Bereits rund um den Europäischen Stabilitätspakt (ESM) wurde im Nationalrat Rot-Schwarz-Grün gelebt.
Bei der Opposition auf Bundesebene missfällt mir besonders, dass die in erster Linie nur an sich denkt und nicht an das Wohl des Staatsganzen. Hier gibt es eine Ausnahme, die Grünen, die beim ESM gezeigt haben, dass sie das eine oder andere Mal bereit sind, Staatsverantwortung mitzutragen.
Angesichts der zunehmend aufgespaltenen politischen Verhältnisse präferiert Michael Häupl ein Mehrheitswahlrecht. Sie auch?
Das habe ich im KURIER vor einem Jahr vorgeschlagen. Der Bürger soll dabei seinen Mandatar direkter wählen können. Wir haben in NÖ das Persönlichkeitswahlrecht. Es ist der beste Schutz davor, dass sich Mandatare hinter Parteien verstecken.
Seit Monaten beschäftigen Korruptionsgeschichten die Öffentlichkeit. Die schaden doch in erster Linie der ÖVP.
Sie schaden der Politik generell. Ich wünsche mir, dass von der Justiz rasch geurteilt wird. Jemand, der nicht zwischen Mein und Dein unterscheiden kann, der hat generell in der Politik nichts verloren.
Es sind mehrere schwarze Ex-Politiker im Ruch der Korruption. Wie reagieren die Leute, die sie treffen?
In meinen Begegnungen ist das kein Thema. Aber jene, die ständig in diesem Zusammenhang genannt werden, sind in der öffentlichen Meinung unten durch und dürfen sich nicht wundern, wenn sie bei öffentlichen Auftritten ausgepfiffen werden. Ich wünsche mir, dass von der Justiz rasch geurteilt wird.
SPÖ erfreut
Die SPÖ hat erfreut auf Prölls Förderung nach einer Wehrpflicht-Volksabstimmung reagiert. Verteidigungsminister Norbert Darabos sowie SP-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas begrüßten in Aussendungen seine Wortmeldung im KURIER-Interview. Beide interpretierten Prölls Aussagen als einen sich ankündigenden "Schwenk" der Volkspartei in Richtung der SPÖ-Linie, und Rudas verlieh ihrer Hoffnung Ausdruck, die Spitze der ÖVP möge Prölls Anliegen ernst nehmen.
Die Bundes-ÖVP hält sich vorerst mit einer Bewertung zurück. Ein Sprecher von Parteichef Michael Spindelegger verweist auf den Ministerrat kommenden Dienstag, der allenfalls einen Rahmen für einen Kommentar abgeben könne. VP-interne Schützenhilfe für Prölls Vorschlag kommt aus den Landesparteizentralen in Tirol und Salzburg.