Paraguays Präsident des Amtes enthoben
Der Präsident von Paraguay, Fernando Lugo, ist vom Parlament seines Amtes enthoben worden. Der Senat in Asuncion stimmte am Freitag mit 39 zu vier Stimmen dafür. Der Staatschef und ehemalige katholische Bischof wurde unter anderem für den Tod von 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Landbesetzern und Polizisten politisch verantwortlich gemacht.
Vizepräsident Federico Franco soll das Amt bis zu den Wahlen im April 2013 übernehmen - er wurde noch am Freitag zum neuen Staatschef vereidigt. Franco gehört der "Liberal-radikal authentischen Partei" (PLRA) an, die sich kurz nach dem Wahlsieg 2009 von der bunten Mitte-Links-Koalition Lugos weitgehend distanzierte.
Lugo will seine Amtsenthebung nach eigenen Angaben im Namen des Friedens akzeptieren. Dennoch halte er diese für "ungerecht"; mit ihrer Entscheidung hätten die Abgeordneten die "Demokratie außer Acht gelassen" und gegen den Willen des Volkes gehandelt, sagte Lugo bei einem unerwarteten Auftritt bei Straßenprotesten in der Hauptstadt Asunción Sonntag früh. Die Demonstranten, die gegen seine Absetzung protestierten, rief er zu friedlichen Protesten auf. Die Gewalt müsse aufhören, forderte Lugo.
"Express-Putsch"
Lugo stand international nicht so sehr im Rampenlicht wie seine Amtskollegen Hugo Chavez (Venezuela) oder Evo Morales (Bolivien). Aber dennoch war der Befreiungstheologe und katholische Ex-Priester als Präsident Paraguays eine schillernde Figur des linken Politspektrums Lateinamerikas. Lugo selbst sieht in der Amtsenthebung einen "Express-Putsch" der rechten Kräfte im Land und dürfte damit trotz eigener Fehler und Versäumnisse nicht so falsch liegen. Die Klage sei ein Versuch, neun Monate vor der Wahl einen historischen Demokratieprozess zu torpedieren.
Vor dem Parlament versammelten sich Tausende Menschen, um gegen die Amtsenthebung zu protestieren. Auch auf die Solidarität seiner südamerikanischen Gesinnungsgenossen kann Lugo zählen, sie sind wegen der Entwicklungen in Aufruhr: Der ecuadorianische Präsident Rafael Correa und Venezuelas Staatschef Hugo Chavez nannten die Absetzung Lugos durch das Parlament in Asunción "illegitim". Correa sagte, sein Land werde keinen anderen Staatschef als Lugo anerkennen. Ähnlich äußerte sich Chavez. Der bolivianische Präsident Evo Morales sprach von einem "parlamentarischen Putsch" und kündigte ebenfalls an, keinen neuen Präsidenten anzuerkennen.
"Es besteht kein Zweifel, dass es einen Staatsstreich gegeben hat", sage die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner am Freitag. "Das ist inakzeptabel." Die Amtsenthebung sei "ein Angriff auf die Institutionen" und wiederhole "eine Situation, von der wir geglaubt hatten, sie in Südamerika längst überwunden zu haben".
Keine Zeit für Verteidigung
Der einstige "Bischof der Armen" wird für den Tod von elf Bauern und sechs Polizisten bei Zusammenstößen während Protesten landloser Bauern Mitte Juni verantwortlich gemacht. Lugo sagte, er akzeptiere die Entscheidung des Parlaments. Seine Verteidiger beanstandeten vor dem Senat, dem Präsidenten sei keine Zeit zur rechtmäßigen Vorbereitung seiner Verteidigung gewährt worden. Die Abgeordnetenkammer hatte am Donnerstag die Amtsenthebungsklage beim Senat eingereicht. Dem Staatschef wurden nur zwei Stunden für das Vortragen seiner Argumente zugestanden. Lugo blieb der Sitzung fern und entsandte drei Anwälte.
Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) kritisierte das Amtsenthebungsverfahren als "etwas übereilt". Die Außenminister der Südamerikanischen Staaten-Union (UNASUR) erklärten am Freitag in Asuncion, der Vorgang im Parlament stelle eine Bedrohung der demokratischen Ordnung dar.
-
Hauptartikel
-
Hintergrund