Politik

Lincoln & Kennedy: Zwei Attentate, viele Parallelen

Die Ermordung der Präsidenten Abraham Lincoln und John F. Kennedy: Seit mehreren Jahren werden quer durch die amerikanische Presse und durchs Internet verblüffende Parallelen gezogen, die die beiden Attentate miteinander in Verbindung bringen. In der Tat gibt es zahlreiche Details, die erstaunlich sind:

Kongress Lincoln wurde 1846 in den Kongress gewählt, John F. Kennedy 1946.

Präsidenten Lincoln wurde 1860 zum US-Präsidenten gewählt, Kennedy 1960.

Ford & Ford Lincoln wurde im Ford-Theater erschossen, Kennedy saß in einem Auto der Marke Ford Lincoln.

Kopfschuss Lincoln wie Kennedy wurden durch tödliche Kugeln von hinten in den Kopf getroffen.

Freitag Beide Attentate fanden an einem Freitag statt.

Ehefrauen Beide Präsidenten wurden in Gegenwart ihrer Ehefrauen erschossen.

Begleitung Lincoln wie Kennedy waren in Begleitung eines Paares, wobei jeweils der Mann schwer verletzt wurde: In Lincolns Loge saß Major Henry Reed Rathbone mit seiner Verlobten. Er erlitt beim Versuch, den flüchtenden Täter aufzuhalten, Verletzungen. In Kennedys Auto saß John Connally, der Gouverneur von Texas, mit seiner Frau. Auch er wurde von einer Kugel getroffen und verletzt.

Die Mörder Lincoln wurde wie Kennedy von einem Südstaatler erschossen. Lincolns Mörder John Wilkes Booth stammte aus Maryland, der Kennedy-Mörder Lee Harvey Oswald aus Louisiana.

Tod der Mörder In beiden Fällen überlebten die Attentäter nur kurze Zeit: Booth wurde, als er sich seiner Festnahme widersetzte, elf Tage nach dem Mord an Lincoln von einem Sheriff erschossen, Oswald starb zwei Tage nach dem Kennedy-Mord im Polizeigefängnis von Dallas durch eine Kugel des Nachtklub-Besitzers Jack Ruby.

Bürgerrechte Abraham Lincoln und John F. Kennedy setzten sich für die Bürgerrechte, insbesondere der schwarzen Minderheit, ein.

Nachfolger Die Nachfolger der ermordeten Präsidenten hießen in beiden Fällen Johnson.

Geburtsjahre Andrew Johnson, der Nachfolger Lincolns, wurde 1808 geboren, Kennedys Nachfolger Lyndon B. Johnson 1908.

„Lincoln-Kennedy-Rätsels“

Erste Details des „Lincoln-Kennedy-Rätsels“ tauchten bereits 1992 in der Kolumne der amerikanischen Journalistin Ann Landers auf. Die Zeitschrift Skeptical Inquirer veranstaltete danach einen „Presidential Coincidences Contest“, also einen Wettbewerb für Übereinstimmungen bei Präsidenten. Dieser förderte weitere Parallelen – auch zwischen ganz anderen Präsidenten der USA – zutage, freilich wurden von den Teilnehmern des Wettbewerbs auch falsche Schlüsse gezogen.

So hieß es, John Wilkes Booth wäre 1839 und Lee Harvey Oswald 1939 zur Welt gekommen. Richtig ist, dass Booth 1838 geboren wurde.

Interessant ist, dass Kennedys Sekretärin tatsächlich Evelyn Lincoln hieß, die Behauptung, Lincoln hätte einen Sekretär namens Kennedy gehabt, ist jedoch falsch.

Andere Vergleiche gingen unter die Gürtellinie: Etwa, dass Lincoln kurz vor seinem Tod in Monroe/Maryland war und Kennedy mehrmals „in“ Marilyn Monroe. Je mehr Menschen sich an der Suche nach weiteren Parallelen beteiligten, desto eher wurden die zum Teil verblüffenden Angaben mit Verschwörungstheorien vermengt oder als göttliche Fügung gesehen.

Zufälle

Für den prominenten Wiener Mathematiker Rudolf Taschner sind die tatsächlichen Übereinstimmungen der beiden Fälle „spannend und interessant, doch für die Schlüsse, die man daraus ziehen kann, gibt es keine mathematische Erklärung. Aus Sicht des Mathematikers sind das Zufälle, nicht mehr und nicht weniger.“ Professor Taschner erkennt im „Lincoln-Kennedy-Mythos“ die Sehnsucht des Menschen, „selbst dort Ordnung zu schaffen, wo Chaos herrscht. Wenn wir in den Sternenhimmel schauen, glauben wir Gebilde wie den Großen Wagen, den Orion oder eine Jungfrau zu sehen, obwohl es die gar nicht gibt. Wir lieben Dinge, deren Existenz uns unsere Schulweisheit nicht träumen lässt.“

Allerdings: „Auch wenn die Parallelen Zufall sind“, meint Taschner, „schließt das nicht aus, dass solche Informationen wertvoll und faszinierend sein können. Die Mathematik ist ja nicht die einzige Wissenschaft, die es gibt.“

Zur Person: Abraham Lincoln

Der 16. Präsident der Vereinigten Staaten, wurde am 12. Februar 1809 im US-Bundesstaat Kentucky geboren. Der republikanische Politiker schaffte nach einem blutigen Bürgerkrieg die Sklaverei ab und schuf die Grundlagen zum modernen Industriestaat. Lincoln wurde am 14. April 1865 während einer Vorstellung in seiner Loge des Ford-Theaters in Washington vom Schauspieler John Wilkes Booth angeschossen. Der Präsident erlag seinen schweren Verletzungen am nächsten Tag in einem gegenüberliegenden Hotel.

Zur Person: John F. Kennedy

Der 35. Präsident der Vereinigten Staaten, wurde am 29. Mai 1917 in Massachusetts geboren. In der Innenpolitik war der Demokrat um Reformen bemüht, außenpolitisch wurde seine Amtszeit vom Kalten Krieg und  der Kubakrise überschattet. 1961 traf er Kremlchef Chruschtschow in Wien. Kennedy wurde am 22. November 1963 in einem offenen Ford Lincoln während einer Fahrt durch Dallas/Texas von dem Bücherei-Mitarbeiter Lee Harvey Oswald erschossen. Der Präsident starb 30 Minuten später im Parkland Memorial Hospital.