Wifo: Derzeitige Industrie-Rezession zweitlängste seit über 20 Jahren
Die heimische Industrie und Bauwirtschaft leiden weiterhin unter einem Nachfragemangel. "Die derzeitige Rezession in der Herstellung von Waren ist die zweitlängste Krise seit über 20 Jahren", so der Ökonom und Autor des aktuellen Wifo-Konjunkturberichts, Marcus Scheiblecker, in einer Aussendung am Montag. Bisher habe nur die Krise Anfang der 2000er-Jahre länger gedauert, jedoch seien damals die Produktionseinbußen "deutlich geringer" gewesen.
Die Rückgänge der letzten sechs Quartale markieren laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) den drittstärksten Produktionseinbruch nach der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/09 und der Covid-19-Krise. Über die letzten neun Quartale seien auch die Wohnbauinvestitionen real um knapp ein Fünftel eingebrochen. Eine Besserung der Lage sei "noch nicht in Sicht". "Vorlaufindikatoren für Österreich und den Euro-Raum lassen auch für die kommenden Monate nur eine gedämpfte Wirtschaftsdynamik erwarten", heißt es im Wifo-Konjunkturbericht. Die mangelnde Nachfrage nach Industriegütern belaste vor allem darauf spezialisierte Euro-Länder wie Deutschland und Österreich.
Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sprach sich am Sonntagabend in der "ZIB2" angesichts der "schweren Industrierezession" für Gegenmaßnahmen und Reformen aus. "Wir müssen wieder die Kosten in den Vordergrund stellen. Es muss die Wettbewerbsfähigkeit wieder gesteigert werden", sagte Felbermayr im ORF-Fernsehen. "Da wird man an Schrauben drehen, die teilweise auch wehtun werden können." Auch brauche es Reformen am Arbeitsmarkt und bei den Staatsfinanzen. Diese Themen müsse die nächste Regierung prioritär behandeln, so der Wifo-Chef. Bis zu den Nationalratswahlen Ende September "noch irgendwas Neues hinein zu reklamieren" sei "unsinnig".
Auch vom Konsum gibt es derzeit keine großen Impulse für die österreichische Volkswirtschaft. Für die Wifo-Ökonomen entwickelt sich der private Konsum hierzulande angesichts der kräftigen Realeinkommenszuwächse "enttäuschend". Positive Nachrichten gibt es hingegen von der Inflationsentwicklung. Die Inflationsrate sank auch im August aufgrund von niedrigeren Spritpreisen weiter auf 2,4 Prozent.
Die Konjunkturschwäche belastet aber zunehmend den heimischen Arbeitsmarkt. Die unselbstständige Beschäftigung wuchs laut Wifo in den vergangenen Monaten kaum mehr, die Zahl der beim AMS gemeldeten offenen Stellen nahm gegenüber dem Vorjahr deutlich ab und die Arbeitslosenquote erhöhte sich.