Wiener Stadtrat Ludwig empört über Kern
Von Karin Leitner
Michael Ludwig ist verärgert. Weil eine Entscheidung, die er und Kollegen hätten treffen sollen, bereits gefallen ist, wie der Wiener Stadtrat dem KURIER sagt.
Grund des Ingrimms des SPÖ-Bildungsvorsitzenden: Der KURIER hat am Mittwoch berichtet, wer dem Anfang August verstorbenen Karl Duffek im Direktorium der SPÖ-Bildungsakademie folgt – die Kabinettschefin im Kanzleramt, Maria Maltschnig. Dabei soll erst heute im zuständigen Gremium entschieden werden, wer fortan Direktor des Renner-Instituts ist.
Ein Signal
"Wenn schon feststeht, wer das wird, ist meine Mitwirkung in der Findungskommission unnötig, hinfällig. Ich wirke nicht mit an einer Entscheidung, die bereits im Vorfeld getroffen worden ist", sagt Ludwig. Er ist damit raus aus der Vierergruppe. Das habe er den anderen Mitgliedern der "Findungskommission" – Institutspräsident Alfred Gusenbauer, Vize-Direktorin Barbara Rosenberg, SPÖ-Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler – gestern mitgeteilt. "Mir ist diese Vorgangsweise unverständlich", sagt Ludwig. "Es gab einen genauen Zeitablauf: am Donnerstag tagt die Findungskommission, um über die Bewerbungen zu diskutieren – was sinnvoll gewesen wäre. Am Freitag tagt das Kuratorium des Renner-Instituts – dann wird im Bundesparteipräsidium abgestimmt." Im Kuratorium bleibt Ludwig, sein Abgang aus der Kommission sei "vor allem ein Signal an jene, die sich beworben haben". 16 Leute waren das: Zehn Männer, sechs Frauen. Ludwig hat die Unterlagen gesichtet: "Es waren sehr Qualifizierte dabei." Ist aus seiner Sicht Maltschnig nicht die Fähigste? Dazu will sich der Stadtrat nicht äußern.
Ein anderer Genosse aus Wien kritisiert das nicht eingehaltene Procedere ebenfalls. Landtagsabgeordneter Christian Deutsch tut via Twitter kund: "Seltsame Vorgangsweise nach Ausschreibung. Entscheidung über Medien verbreitet, obwohl keine Sitzung stattgefunden hat."
Ein Loblied
Gusenbauer findet nichts dabei, dass schon vor der Kommissionssitzung klar ist, wer Direktor(in) wird. "Die Bewerbungsunterlagen sind ja seit langem da. Und bevor man sich formal zusammensetzt, kristallisiert sich heraus, wer am besten geeignet ist." Maltschnig sei das, befindet der Ex-Kanzler und -SPÖ-Chef gegenüber dem KURIER: "Jeder, der die Bewerbungsunterlagen gesehen hat, kann zu keiner anderen Auffassung kommen. Die Entscheidung für sie ist richtig." Und so singt er ein Hohelied auf die 30-Jährige Salzburgerin, die Vorfrau der SPÖ-Studenten und deren Vater SPÖ-Bürgermeister in Zell am See war: "Sie ist schnell im Kopf, eine gute Organisatorin, politisch offen und tough." Seit Christian Kerns Antritt als Regierungschef leitet sie dessen Kabinett. In den ÖBB war sie Kerns Vorstandsassistentin.