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Kaum Steuer gezahlt: VP-Spender weist SP-Vorwürfe zurück

Die SPÖ wirft Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) neuerlich zögerliches Vorgehen gegen Steuervermeidung vor. Als Beispiel nennt Finanzsprecher Kai Jan Krainer in einer Anfrage erneut KTM-Chef Stefan Pierer. Dieser habe in zwei Jahren weniger als je 3.000 statt 500.000 Euro Einkommensteuer gezahlt. Krainer will von Schelling nun wissen, wie viele ähnliche Konstruktionen es gibt. Pierer ist mit 436.536 Euro der größte Einzelspender der ÖVP im laufenden Wahlkampf.

Pierer weist die Darstellung zurück. "Die gewählte Struktur ist kein 'Firmenkonstrukt zur Vermeidung von Steuern'. Sie entspricht vollinhaltlich der österreichischen Steuergesetzgebung", heißt es in einer Stellungnahme. Seine deutlich höheren Vorstandsbezüge wurden nach Angaben seiner Sprecherin über eine Firma abgewickelt, wofür Körperschaft- und Kapitalertragsteuer fällig werden.

Zunächst per Bescheid abgelehnt

Nach Angaben der SPÖ habe die Finanz die von Pierer eingereichte Steuerkonstruktion zunächst per Bescheid abgelehnt. Somit hätte Pierer angeblich über 500.000 Euro Einkommensteuer pro Jahr zahlen müssen. Die Ablehnung wurde nach Darstellung der SPÖ dann aber auf "Druck von oben" aber wieder aufgehoben. Womit Pierers Steuerleistung für 2012 nur 2.779 Euro betragen habe, für 2013 dann 2.642 Euro.

"Das würde bedeuten, dass jeder Arbeiter und Angestellte in Österreich, der 1.400 Euro netto verdient, mehr Einkommenssteuer bezahlt als der Vorstandsvorsitzende eines Milliardenunternehmens", heißt es in der Anfrage der SPÖ. Von Schelling will die SPÖ nun wissen, ob Steuervermeidung mit verschachtelten Firmenkonstruktionen durch Firmenvorstände und Geschäftsführer von der Finanz akzeptiert wird. Außerdem will die SPÖ wissen, welche Mehreinnahmen seit 2007 ohne diese Konstruktionen angefallen wären.

Nur Pierers Aufsichtsratbezüge

Laut Stellungnahme haben die 2.642 Euro Einkommensteuer nur Pierers Aufsichtsratsbezüge abgedeckt. Seine Tätigkeit als Vorstand der KTM AG habe Pierer aber nicht aufgrund eines Vorstandsvertrages erbracht, sondern aufgrund eines Überlassungsvertrages zwischen der KTM AG und der Pierer Konzerngesellschaft GmbH. Diese Firma habe für die Vergütungen 25 Prozent Körperschaftsteuer bezahlt (ca. 200.000 Euro 2012 und 300.000 Euro 2013). Gewinnausschüttungen an Pierer würden darüber hinaus mit 27,5 Prozent Kapitalertragsteuer belegt.

"Dies bedeutet im Falle eines Zufließens an Herrn Pierer eine Gesamtbesteuerung von ca. 46 Prozent, was dem damaligen Spitzensteuersatz (unter Berücksichtigung der Steuerprogression und der Sechstel-Begünstigung) entspricht", heißt es in der Stellungnahme. Außerdem wird darauf verwiesen, dass die gesamte Pierer Industriegruppe 5.581 Mitarbeiter beschäftige, davon 4.424 in Österreich. Alleine 2017 habe man 400 Arbeitsplätze geschaffen, 10,2 Mio. Euro Körperschaftsteuer bezahlt sowie 41,8 Mio. Euro an Sozialbeiträgen und Lohnnebenkosten.

Anzeige durch Schelling wegen Daten-Veröffentlichung

Finanzminister Schelling (ÖVP) lässt nach der Veröffentlichung der Steuerdatenwegen Verletzung des Amts- und Steuergeheimnisses ermitteln. Den konkreten Fall wollte das Finanzministerium nicht kommentieren. Dass es den von der SPÖ vermuteten "Druck von oben" im Steuerfall des KTM-Chefs gegeben haben könnte, weist Schelling zurück: "Das ist weder faktisch noch rechtlich möglich, da es sich dabei um ein unabhängiges Gericht mit weisungsfreien Richtern handelt."

Die SPÖ sieht sich jedenfalls in ihrer Kritik an den Steuerplänen der ÖVP bestätigt, wie Finanzsprecher Kai Jan Krainer der APA sagte. Von der Steuerfreistellung nicht entnommener Gewinne würde Pierer nämlich stark profitieren, so Krainer. Schon jetzt bezahle er nämlich nur die Hälfte des üblichen Steuersatzes (Körperschaftsteuer statt Einkommensteuer, Anm.). "Und wenn die Steuerpläne von Kurz kommen, zahlt er die andere Hälfte auch nicht mehr."

KTM-Chef und ÖVP-Großspender Stefan Pierer hat kurz vor dem Steuerabkommen mit Liechtenstein 20,8 Mio. Euro nach Österreich zurücküberwiesen. Laut einer SPÖ-Anfrage an Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) steht Pierer auf einer Liste mit potenziellen "Abschleichern" aus dem Fürstentum. Pierer bestätigt die Überweisung, betont aber, alle Meldepflichten eingehalten und Steuern bezahlt zu haben.

Der von SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer eingebrachten Anfrage zufolge wurden am 18. Dezember 2013, zwei Wochen vor Inkrafttreten des Steuerabkommens mit Liechtenstein, zwei Überweisungen in Höhe von 10,0 und 10,77 Mio. Euro auf Pierers Konto in Österreich getätigt. Wie eine Sprecherin Pierers auf APA-Anfrage mitteilte, habe es sich dabei um die Auszahlung einer bereits 2003 abgeschlossenen Lebensversicherung nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Versicherungsdauer gehandelt. Der Ertrag sei weder der Einkommens- noch der Kapitalertragssteuer unterlegen, die Versicherungssteuer habe man abgeführt: "Herr Pierer ist somit allen steuerlichen Verpflichtungen korrekt nachgekommen."

Das Steuerabkommen mit Liechtenstein ist mit Jänner 2014 in Kraft getreten und sah vor, dass im Fürstentum anonym geparkte Mittel entweder der österreichischen Finanz offengelegt oder mit einer Abschlagssteuer belegt werden. Die Abschlagszahlungen waren mit 15 bis 38 Prozent des Kapitals festgesetzt. Zahlreiche Betroffene nutzten die Zeit bis zum Inkrafttreten des Gesetzes aber, um ihr Geld unbemerkt nach Österreich zu überweisen, wo sie durch das damals noch geltende Bankgeheimnis für Inländer geschützt wurden. Solche "Abschleicher" nach Österreich gab es auch rund um das Steuerabkommen mit der Schweiz 2013.

Im Rahmen der Steuerreform wurden die heimischen Banken 2015 verpflichtet, größere Überweisungen aus der Schweiz und aus Liechtenstein (über 50.000 Euro) der Finanz zu melden - und zwar rückwirkend bis 2012. Und in einer solchen Meldung soll der SP-Anfrage zufolge auch Pierer aufscheinen. Außerdem ist von einer Betriebsprüfung bei KTM in diesem Zusammenhang die Rede. Pierers Sprecherin betonte, dass es sich bei der Prüfung von KTM-Industries bzw. dem Pierer Konzern um eine Mitte 2016 begonnene, routinemäßige Betriebsprüfung handle. Und die Lebensversicherung sei "ordnungsgemäß versteuert" worden.

Laut SPÖ wurden vor Inkrafttreten der Steuerabkommen insgesamt 3,34 Mrd. Euro aus der Schweiz und aus Liechtenstein nach Österreich überwiesen. Die Banken hätten der Finanz die Daten von 14.000 Österreichern ("das 'who ist who' der oberen 10.000", so die SPÖ) übermittelt. Wäre nur die Hälfte der fraglichen Summe Schwarzgeld, müssten Steuern in Höhe von 501 Mio. Euro nachgezahlt werden, tatsächlich seien es jedoch erst 30 Mio. gewesen, heißt es in der Anfrage. Daher will die SPÖ von Finanzminister Schelling nun u.a. wissen, wie viele Verfahren mittlerweile eingeleitet wurden und welche Mehreinnahmen dadurch erzielt wurden.