VfGH kippt Adoptionsverbot für Homosexuelle
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das Adoptionsverbot für homosexuelle Paare aufgehoben: Homosexuelle dürfen seit 2013 zwar die leiblichen Kinder eines der beiden Partner adoptieren, die gemeinsame Adoption fremder Kinder ist ihnen jedoch untersagt. Dies wurde nun gekippt. Bis 31. Dezember hat die Regierung nun Zeit eine neue Gesetzesregelung zu schaffen.
Die Aufhebung begründete Präsident Gerhart Holzinger damit, "dass es keine sachliche Rechtfertigung für eine ausschließlich nach der sexuellen Orientierung ausgerichtete differenzierende Regelung gibt". Grundlage für die Aufhebung war das in der Europäische Menschenrechtskonvention geregelte Recht auf Privat- und Familienleben (Artikel 8). Dieses begründet zwar kein Recht auf Adoption - wenn es ein derartiges Recht gibt, müsse das aber diskriminierungsfrei geregelt werden, so Holzinger.
Kindeswohl kein Argument
"Von vornherein ungeeignet", das Adoptionsverbot für Homosexuelle zu rechtfertigen, waren aus Sicht der Verfassungsrichter Bedenken, das Aufwachsen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften könnte dem Kindeswohl schaden. Auch der "Schutz der Ehe" ist aus Sicht des VfGH kein geeignetes Argument dafür. Der Verfassungsgerichtshof hat sich damit zum wiederholten Mal gegen die Diskriminierung homosexueller Paare ausgesprochen. Als "Ersatzgesetzgeber" sieht Präsident Gerhart Holzinger seinen Gerichtshof dennoch nicht: "Zum Ersatzgesetzgeber werden wir deshalb nicht, weil wir keine Gesetze erlassen, sondern nur Gesetze aufheben können."
"Ich verteile keine Zensuren"
Ob eine aufrechte Eingetragene Partnerschaft künftig Voraussetzung für die Adoption von Kindern durch Homosexuelle sein könnte oder nicht, wollte Holzinger daher nicht beurteilen. Dies sei Sache des Gesetzgebers. Auch ob das bereits mehrmals angefochtene Gesetz über die Eingetragene Partnerschaft handwerklich gelungen sei oder nicht, wollte er nicht einschätzen: "Ich verteile keine Zensuren."
Aus heutiger Sicht unbedenklich ist aus Sicht Holzingers aber, dass Heterosexuelle eine "Ehe" schließen dürfen, während es für Homosexuelle die "Eingetragene Partnerschaft" gibt. Dies deshalb, weil auch die Menschenrechtskonvention die Ehe als Gemeinschaft zwischen Mann und Frau definiere: "Über diese verfassungsrechtliche Definition kommt man nicht so einfach hinweg."
ÖVP bisher dagegen, SP erfreut
Die Möglichkeit für Homosexuelle, das leibliche Kind eines der beiden Partner zu adoptieren ("Stiefkindadoption") wurde 2013 geschaffen, nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Österreich wegen des Verbots verurteilt hatte. Die SPÖ forderte seither zwar auch die Möglichkeit der "Fremdkindadoption" für Homosexuelle, die ÖVP lehnte das jedoch bisher ab.
Dementsprechend erfreut ist Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek: "Das ist ein wichtiger Schritt für mehr Rechte für Homosexuelle." Sie fordert rasche Konsequenzen aus dem VfGh-Urteil: "Es hat gezeigt, Österreich muss sich hier bewegen. Lippenbekenntnisse sind zu wenig, es braucht legistische Änderungen. Gleiches Recht für gleichgeschlechtliche Liebe ist ein Menschenrecht.“
Öffnung der Ehe gefordert
Erfreut über die VfGH-Entscheidung zeigte sich auch die in Wien für Antidiskriminierung zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ). Sie forderte nun Bewegung bei der ÖVP und die völlige rechtliche Gleichstellung: "Jetzt muss die Ehe geöffnet werden."
Auch Helmut Graupner vom Rechtskomitee Lambda hat sich am Mittwoch "überglücklich" über die Aufhebung des Adoptionsverbots gezeigt. Dder Anwalt der beiden Frauen, auf deren Fall die Entscheidung basiert, sprach von einem "vollen Erfolg" und forderte die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare.
Laut Graupner ist Österreich das einzige Land Europas, in dem es zwar die vollen Adoptionsrechte für homosexuelle Paare gibt, ihnen die Ehe aber verwehrt wird: "Alle Staaten, die diese vollen Adoptionsrechte für gleichgeschlechtliche Paare haben, haben auch die Eheschließungsmöglichkeit." Graupner verwies auch darauf, dass sich die Eingetragene Partnerschaft nach wie vor in 40 Punkten von der Ehe unterscheidet. Nun gehe es auch gar nicht mehr darum, dass die Verpartnerung wie angekündigt am Standesamt stattfinden kann, drängte er auf die völlige Gleichstellung.