Politik/Inland

VfGH: Gutachter-Bestellung verfassungswidrig

Heikles Erkenntnis.Hannes Kartnig, Wolfgang Kulterer & Co werden im Gefängnis vielleicht eine gewisse Genugtuung empfinden. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich entschieden, dass die alte Sachverständigen-Bestellungs-Bestimmung auf alle beim Obersten Gerichtshof (OGH) anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist.

Was bedeutet das konkret? Bis 2014 konnten Gerichte im Hauptverfahren auch jenen Sachverständigen heranziehen, der von der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren bestellt wurde. Bis Ende des Vorjahres hatte der Beschuldigte keine Möglichkeit, Einwände einzubringen oder einen eigenen Sachverständigen vorzuschlagen. Diese Regelung habe dem "Prinzip der Waffengleichheit" widersprochen, argumentiert der VfGH.

Telekom & Co

Die Entscheidung des VfGH betrifft vor allem die großen Wirtschafts-Strafverfahren der letzten Jahre, wie Telekom, Immofinanz und Hypo. Diese Prozesse werden überprüft und müssen möglicherweise sogar neu aufgerollt werden. Am Zug ist der OGH.

Auch Hannes Kartnig ist betroffen. Der Ex-Sturm-Präsident war im November 2014 nicht rechtskräftig zu sieben Monaten unbedingter Haft wegen gefälschter Eintrittskartenabrechnungen verurteilt worden. Sein Anwalt erhob Beschwerde beim VfGH gegen das Gesetz und erhielt Recht. Nun muss das Verfahren neu angeschaut werden.

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) fühlt sich mit der Entscheidung ebenfalls bestätigt. "Die neue Strafprozessordnung beteiligt Beschuldigte stärker an der Bestellung von Sachverständigen und erfüllt heute bereits die vom VfGH geforderte Waffengleichheit zwischen den Parteien", so Brandstetter. Die neue Rechtslage ist nun seit Jahresbeginn in Kraft.