Vereinfacht die Ampel – oder schafft sie ab
Von Christian Böhmer
Wir entscheiden auf Basis von Fakten und der evidenzbasierten Wissenschaft. Und damit das jeder sehen kann, markieren wir öffentlich und mit Farben, wie es gerade um die Bezirke steht: Das war, knapp gesagt, die Idee hinter der Corona-Ampel.
Nun kann es in der Politik nie zu viel Transparenz geben. Doch bei diesem Projekt gilt einmal mehr, dass „gut gemeint“ mitunter das Gegenteil von gut ist.
„Lassen Sie sich nicht verwirren!“, hat der Bundeskanzler am Freitag appelliert. Leichter gesagt als getan. Denn derzeit geschieht das Gegenteil: Die Corona-Ampel hat den Blick auf die Gesamtlage nicht nur nicht erleichtert – sie hat ihn vielfach sogar erschwert.
Was ist denn seit ihrer Präsentation passiert? Im Streit um diverse Ampelfarben haben sich Bund und Länder in eine Diskussion verstrickt, der man als Nicht-Experte in Sachen „mittelbare Bundesverwaltung“ nur staunend lauschen kann; Schuldirektionen haben Schülern und Sportvereinen vorsorglich fürs ganze Schuljahr verboten, die Turnsäle zu nutzen – die Ampelfarbe könnt’ ja wechseln; und während zwei Millionen Pendler langsam verstehen, was unterschiedliche Ampelfarben daheim und im Büro für sie bedeuten, lässt die Regierung nun wissen, dass es ab Montag keine Unterschiede gibt – es gelten strengere Regeln. Flächendeckend.
Für die Ampel gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder sie wird aus Sicht der zu Schützenden, also der Bürger, radikal vereinfacht. Oder man lässt sie sterben. Natürlich wäre das für die Regierung bitter. Aber noch bitterer wäre eine weitere verwirrende Woche wie die vergangene.