Unis schlagen Alarm: "Brauchen jedenfalls mehr als eine halbe Milliarde"
Von Diana Dauer
Die Universitäten schlagen Alarm – ihnen geht das Geld aus. Die 12,3 Milliarden Unibudget, die im Rahmen der Leistungsvereinbarung für drei Jahre beschlossen wurden, reichen nicht mehr aus: angesichts einer rund 9,1-prozentigen Inflation und der enormen Energiekosten. Sie brauchen mehr, wie viel mehr, wird derzeit von der Universitätenkonferenz (Uniko) noch berechnet, aber es braucht „jedenfalls mehr als eine halbe Milliarde Euro, um den Betrieb an den Universitäten aufrechtzuerhalten“, sagt Elisabeth Fiorioli, Generalsekretärin der Uniko.
Sabine Seidler, Präsidentin der Uniko warnt im Ö1-Morgenjournal am Donnerstag, „ohne massive Schäden am eigenen System, können die Universitäten die Defizite nicht ausgleichen. Es wird einen massiven Qualitätsverlust geben“, aus eigener Kraft könne man die Teuerungen nicht stemmen. Größte Kostenpunkte sind Energie und Personal.
Forschung und Lehre in Gefahr
Es drohen Kürzungen, Stellenstreichungen oder offene Stellen, die nicht nachbesetzt werden können. Heinz Engl, Rektor der Universität Wien, erklärt in Ö1, dass die Uni Wien, die größte Universität Österreichs, rund die Hälfte ihrer notwendigen Zusatzkosten decken könnte, würde sie über die kommenden zwei Jahre keine einzige Stelle mehr besetzen – ohne Stellenstreichungen. Das könne man im Prinzip auf alle Universitäten ummünzen, sagt Fiorioli.
Ein massiver Personalmangel wäre die Konsequenz - und dieser zöge einen Rattenschwanz an Auswirkungen nach sich. Befürchtet wird ein Braindrain, also die Abwanderung der besten Köpfe von den öffentlichen Universitäten Österreichs ins Ausland. Zudem könnten EU-Fördermittel nicht abgerufen werden, weil das Personal fehlen würde, die Anträge zu stellen und die Projekte umzusetzen. Zusätzlich leiden Studentinnen und Studenten, wenn Fächer ausfallen, weil die Lehrkräfte fehlen; außerdem könnte sich der Studienverlauf durch Wartezeiten verlängern, warnt die Uniko.
Noch schwieriger werde die Situation bei den Personalkosten durch die bevorstehenden Lohnverhandlungen. Ohne Zuschuss könne man sich die erhöhten Gehälter nicht leisten. „In der jetzigen Situation droht es, dass wir zu keinem Abschluss kommen, und dann haben wir eine andere Eskalationsstufe. Aber wir können keinen Abschluss machen, wenn wir uns die Gehälter nicht leisten können“, sagt Fiorioli.
Labore müssten schließen
Zudem fürchten Rektoren und Rektorinnen um ein Herzstück der universitären Arbeit, die Forschung. Ohne Zuschuss müssten Labore geschlossen und laufende Forschungsprojekte gestoppt werden, warnt auch der Rektor der Grazer Kunstuni, Georg Schulz.
Derzeit laufen Verhandlungen zwischen dem Wissenschafts- und dem Finanzministerium, ob und wie viel mehr die Unis bekommen. Welches Ergebnis zu erwarten ist und wann sie abgeschlossen werden, lassen beide Ministerien auf Anfrage offen. Die Universitäten aber hoffen auf einen Abschluss vor Semesterstart und vor Beginn der Lohnverhandlungen. Dem Wissenschaftsministerium sei die Situation bewusst, heißt es. „Wir werden alles tun, um die Rahmenbedingungen sicherzustellen, damit wir Erreichtes halten können und eine qualitativ hochwertige Lehre und Forschung auch in Zukunft gewährleistet werden kann“, sagt Bildungs- und Wissenschaftsminister Martin Polaschek.
Energiesparmaßnahmen
Als sicher gilt, dass auch die Unis Energiesparmaßen ergreifen werden. Zu erwarten ist, dass Gebäude kürzere Öffnungszeiten haben, übers Wochenende schließen, Strom abdrehen, wo es möglich ist und im Winter weniger heizen. Distance Learning als Sparmaßnahme gilt als letzte Möglichkeit, heißt es seitens der Uniko.
Auch FH brauchen 20 Prozent höhere Förderungen
Die Fachhochschulen (FH) wollen aufgrund der Teuerung eine Anhebung der Fördersätze um mindestens 20 Prozent ab spätestens 1. Jänner 2023. Die steigenden Energie- bzw. Personal- und Sachkosten würden den FH schwer zu schaffen machen, so die Fachhochschulkonferenz (FHK) in einer Aussendung. „Die enge Finanzierung der Studienplätze bietet den Fachhochschulen keinen Spielraum, diese Kostenexplosion und die galoppierende Inflation abzufedern.“
Fachhochschulen werden anders als die Universitäten vom Bund durch Förderungen pro besetztem Studienplatz finanziert. Dabei steigen die Fördersätze vor allem mit dem Technikanteil des Studiums. Derzeit studieren rund 60.000 Personen an einer FH, davon sind etwa 23.000 Anfängerstudienplätze.
Die Steigerung von 20 Prozent soll neben der aktuellen Teuerung auch teilweise die bisher kumulierten Wertverluste ausgleichen. Zuletzt wurden die Fördersätze 2021 erhöht.
Außerdem verlangen die FH die Einführung einer Sonderfinanzierung für Sonderaufgaben. Das Bildungsministerium habe den Fachhochschulen in den vergangenen Jahren eine Reihe von Zusatzaufgaben etwa im Bereich Internationalisierung, Digitalisierung und Diversity übertragen, die allerdings nie finanziell abgegolten worden seien.
Derzeit wird gerade der neue Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplan vorbereitet. Das aktuelle Planungsinstrument läuft mit dem Studienjahr 2022/23 aus.