Sondersitzung: "Herr Blümel, Sie haben Tausende Unterlagen nicht geliefert"
Von Ida Metzger
Es war eine harte Abrechnung. Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsführer im Ibiza-U-Ausschuss, fuhr schweres Geschütz gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) auf. SPÖ und FPÖ hatten eine Sondersitzung extra in der Sommerpause einberufen, um mit Blümel die Aktenanlieferung an den U-Ausschuss zu debattieren. Zur Erinnerung: Der Bundespräsident setzte eine Richterin des Wiener Straflandesgerichts ein, damit alle Akten aus dem Finanzministerium an den Ausschuss geliefert werden. Das passierte vor zehn Tagen.
Seither durchsucht die Opposition die Aktenlieferung nach neuen Mails und Dokumenten.
Innerhalb der ersten Stunden nach der Anlieferung habe die SPÖ bereits gesehen, dass "Dutzende Unterlagen fehlen", so Krainer. "Dann haben wir die Unterlagen nochmals durchforstet und waren uns sicher, es sind Hunderte. Übers Wochenende haben wir entdeckt, es sind Tausende elektronische Dokumente, die Sie uns 18 Monate verheimlicht haben", kritisiert Krainer. Blümel sitzt neben dem Rednerpult und nimmt die Kritik fast regungslos zur Kenntnis.
Steuerbegünstigung für die Reichsten
Warum Blümel lieber nicht wollte, dass diese Akten dem Parlament vorliegen, kann sich Krainer freilich leicht erklären, weil sie zeigen, "dass Blümel nur für die türkise Familie gearbeitet hat, nicht im Sinne der Menschen und nicht im Sinne des Gesetzes". So finden sich unter den neu gelieferten Akten Belege, wie die ÖVP im Finanzministerium geplant hat, "den Reichsten der Reichen" über Steuerbegünstigungen bei den Stiftungen mehr als zehn Milliarden Euro zukommen zu lassen.
Weiters zeigen die neuen Dokumente laut Krainer, dass Bundeskanzler Kurz bei der ÖBAG "die Letztentscheidung über jeden einzelnen Aufsichtsrat hatte". Kurz hat das übrigens im U-Ausschuss vehement in Abrede gestellt. Und die neuen Akten zeigten, dass die Abstimmung zwischen der ÖVP und dem Glücksspielkonzern Novomatic noch enger gewesen sei als bisher angenommen. "Novo sollte passen", hat Blümel am Vorabend der Hauptversammlung der CASAG, in der es um die Bestellung der ÖVP-Wunschkandidaten Rothensteiner und Josef Pröll ging, gesmst.
Misstrauensantrag
Außerdem warf Krainer dem Finanzminister vor, dass dieser im U-Ausschuss über 80mal Erinnerunglücken hatte und sich bei der zweiten und dritten Befragung mehrfach "entschlagen“ hat. "Wie soll Ihnen das Parlament noch vertrauen? Das Parlament kann Ihnen nicht mehr vertrauen", meint Krainer.
Die SPÖ bringt daher einen Misstrauensantrag gegen Blümel ein, der natürlich ablehnt wurden. An die Grünen appellierte die SPÖ vergeblich, endlich den "Anstand zu wählen und den Misstrauensantrag zu unterstützen".
Die FPÖ warf Blümel ähnliches Fehlverhalten vor. Mittlerweile sei klar, dass diese bis zum Äußersten getriebene Rechtsbeugung ein klares Ziel hatte: „Sie wollten nur sich selbst und Ihre türkise ‚Familie‘ schützten, Herr Finanzminister, und ganz sicher nicht die Gesundheitsdaten Ihrer Mitarbeiter!“, so FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker.
Die zwölf Fragen, die die SPÖ in einer Dringlichen Anfrage an Blümel bündelt, beantwortet der Finanzminister mit Sätzen und Argumenten, die man schon mehrfach gehört hat.
"Darf nicht herumschnüffeln"
Er dürfe als Dienstnehmer nicht in den Mailpostfächern der Mitarbeiter "herumschnüffeln". Einige Gutachten hätten Blümel bestätigt, dass er ordnungsgemäß geliefert habe. Abseits der rechtlichen Debatte, welche Mails das Finanzministerium an den U-Ausschuss liefern hätte sollen, betonte Blümel, dass der Inhalt der Aktenanlieferung nicht seine Amtszeit betreffe und es auch keine Mails von ihm selbst gebe.
Blümel: "SPÖ hat Problem mit der Wahrheitspflicht"
Und er warf der SPÖ vor, mit falschen Behauptungen zu arbeiten: "Jede Behauptung hat sich noch als falsch herausgestellt. Wenn für die SPÖ die Wahrheitspflicht gelten würde, hätte sie schon lange ein Problem", so Blümel im Plenum.
Versuch der Verlängerung des Ibiza-Ausschusses
Der U-Ausschuss musste seine Befragungen mittlerweile abschließen, da ÖVP und Grüne einer Verlängerung nicht zugestimmt hatten. Ausständig sind nur noch die Berichte von Verfahrensrichter und Fraktionen. Die SPÖ hat heute den letzten Anlauf unternommen, doch noch eine Verlängerung zu erwirken. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.
Wöginger: "Vom desaströsen Zustand der SPÖ ablenken"
Der wahre Grund für die heutige Sondersitzung der SPÖ ist es, vom desaströsen Zustand der SPÖ und ihren internen Streitereien abzulenken. Das stellte heute, Montag, ÖVP-Klubobmann August Wöginger anlässlich der Dringlichen Anfrage im Nationalrat fest. Bei dieser Dringlichen Anfrage sei das Wort "dringlich" zu streichen – es sei nur "more of the same" und nichts Neues. Zugedeckt müsse offenbar vielmehr der Kampf um die Führung und das Abstürzen der SPÖ in den Umfragen werden, verwies Wöginger auf Medienberichte der letzten Tage.