TV-Duell: "Ahnungslosigkeit ist atemberaubend"
Von Caecilia Smekal
Der Wahlkampf ist längst in der heißen Phase angelangt, die TV-Duelle der Kandidaten gingen am Dienstag schon in die zweite Runde. Neben der Konfrontation zwischen ÖVP-Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger und Frank Stronach (siehe hier) traten dieses Mal auch Bundeskanzler Werner Faymann und BZÖ-Obmann Josef Bucher in den Ring.
Das Duell wurde moderiert von Ingrid Thurnher - hier der KURIER-Liveblog zur Nachlese.
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Koalitionen: Die Schlussrunde wird eingeläutet wird der K-Frage: Faymann sagt, er schließe nur die FPÖ aus, freue sich aber nicht über Beteiligung von Stronach oder BZÖ.
Bucher, der sicher ist, dass das BZÖ im Nationalrat bleibt, will nur koalieren, wenn die Steuern gesenkt werden.
Die Redezeit-Bilanz war recht ausgeglichen, Faymann hatte etwas mehr Zeit. Bucher: "Sie sind ja auch Eigentümervertreter hier im Haus". Zum Schluss schütteln die beiden Herren einander die Hände.
Griechenland: Das Geld für Griechenland seien Haftungen, für die Österreicher weniger teuer als die Hypo. Bucher wirft dem Kanzler "Schummelei" vor - er habe das Griechenland-Geld den Österreichern als gutes Geschäft verkauft. Faymann protestiert.
Wieviel die Haftungen noch verschlingen? "Das weiß niemand", sagt Faymann. Die EU sei ein Projekt, wo man andere nicht im Stich lasse.
Bucher stichelt: Er führt das berühmte Merkel-Zitat an, nachdem Faymann ohne Meinung nach Brüssel reise, und mit Merkels Meinung wieder wegfahre.
Leistung: Die Hälfte der Vorschläge des Rechnungshofs zu Einsparungen seien im SPÖ-Programm inkludiert, sagt Faymann. Man wolle nicht immer Steuern einheben, um Geld hereinzubekommen.
Bucher: "Wir wollen keine Verstaatlichung der Bürger". Stichwort "Bürgergeld": Arbeitslose müssten selbstverständlich abgesichert sein, doch nach einem Jahr bräuchten sie das Gefühl, gebraucht zu werden. "Denen wollen wir anbieten, macht etwas für die Gesellschaft!"
Faymann fragt nach der Freiwilligkeit. Bucher kontert: Er sei gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen. Jene, die nicht bereit seien, Arbeit anzunehmen, sollten einen Beitrag leisten.
Bildung: Eine separate Verabredung zum Lehrerdienstrecht mit dem BZÖ käme für Faymann nicht infrage: Er habe einen Koalitionspartner, dem er bis zur Wahl verpflichtet sei. Da wolle er zwei Wochen vor der Wahl "nicht davonlaufen zu einem Herrn Bucher".
Thurnher sagt, sie kenne die Haltung des BZÖ nicht so recht. "Da haben Sie schlecht recherchiert", so Bucher. Faymann stecke beim Thema Schule im "politischen Kreisverkehr". Es komme ihm nur darauf an, "dass die Schüler etwas lernen". Die Bildungs-Bilanz sei ein Armutszeugnis, die Eltern müssten zu viel Geld für Nachhilfe ausgeben.
Die Redebilanz ist bis dato relativ ausgeglichen - Kanzler Faymann hat ein paar Minuten Vorsprung.
Gemeinsame Schule oder Gymnasium? "Es kann ja beides existieren", sagt Bucher.
Steuern: Direkter Übergang von Pensionisten zu Steuern. Bucher ist der Ansicht, dass die Menschen durch versteckte Kosten der Bankenrettungen (Stichwort Hypo) belastet werden.
Bei der Hypo gehen die Wogen hoch - Faymann wird laut: "Die Ahnungslosigkeit ist atemberaubend." Faymann schiebt den "20-Mrd.-Fehler", "diese Charakterlosigkeit" des Hypo-Debakels auf die Kärntner Politiker, nachdem Bucher auf die Vorgängerregierung mit Josef Pröll verwies.
Pensionen: Für die SPÖ sind Pensionisten eine der wichtigsten Zielgruppen - siehe Plakate. Doch die Pensionisten werden mehr, die Erwerbstätigen in Relation weniger - die berühmte Milchmädchenrechnung. Faymann geht bei Berechnungen bis 2060 von hoher Beschäftigung aus - "um die gehts", so Faymann. "Da müssen wir die Menschen auch nicht dauernd verunsichern". Es seien bereits Schritte gesetzt worden, das Pensionssystem müsse man nicht "umkrempeln". Also keine Reform in der nächsten Legislaturperiode? Nein, aber Anhebung des faktischen Pensionsalters.
Wirtschaft: Bucher setzt zum Sprung an: Steuern und Abgaben - sein Kernthema. Für Faymann aufgelegt: Unter Schwarz-Blau sei die Arbeitslosigkeit höher gewesen als heute - trotz der Krise. Bucher: Die SPÖ vergesse in der Statistik gern die Frühpensionisten. Auch der Schuldenstand werde in der Statistik geschönt, wirft der Oppositionelle dem Kanzler vor.
Startschuss: Die neue Runde zwischen Kanzler Werner Faymann und BZÖ-Chef Josef Bucher wird erneut eingeleitet mit Einspielungen der Politiker und Mitstreiter über den jeweils anderen. Moderatorin Thurnher spricht Bucher an: Das BZÖ habe bei vielen Beschlüssen der Regierung mitgestimmt - "Konstruktiv", antwortet Bucher.
Experten- Einschätzung: In das Duell Faymann-Bucher werden eher wenig Erwartungen gesetzt. Der KURIER hat vorab die Medienexperten Gerald Groß und Wolfgang Bachmayer befragt: Die beiden Kandidaten seien für ihre höfliche Art bekannt, können sich zwar gut verkaufen, werden dabei aber, anders als etwa Frank Stronach, nie laut.
„Bundeskanzler Faymann ist gut beraten, seine erprobten Aussagen zu wiederholen“, so Bachmayer. Bucher kämpfe in diesem wie in jedem anderen TV-Duell um sein politisches Überleben. „Bucher hat aber ausreichend Themen, wie er im Duell mit Faymann reüssieren kann. Etwa beim Thema Eurokrise, beim Thema Steuerlast, aber auch bei der Wirtschaftskrise“, sagt der Meinungsforscher.
Auch Groß glaubt, dass Bucher seinen kleinen Vorteil aus der TV-Diskussion mit Stronach weiter nutzen könnte: „Egal ob es der Mut der Verzweiflung ist, oder Bucher jetzt Blut gerochen hat, doch noch den Wiedereinzug im Parlament schaffen zu können. Für ihn sind die Chancen gewachsen.“