Türkise Zuckerln für fast alle
"Neue Gerechtigkeit und Verantwortung. Für uns alle." verheißt der erste Teil des in Türkis gehaltenen ÖVP-Wahlprogramms. Der KURIER hat sich angesehen, mit welchen Ideen Sebastian Kurz "zurück an die Spitze" will, wer davon profitiert oder wer verliert.
Weniger Mindestsicherung für Asylberechtigte und Wartefrist für Ausländer.
Der VP-Plan sieht eine österreichweit einheitliche Regelung der Mindestsicherung und Kürzungen bei Nicht-Österreichern – auch bei EU-Ausländern vor. Asylberechtigte sollen in den ersten fünf Jahren 560 Euro (365 Euro Grundversorgung, 155 Euro Integrationsbonus, 40 Euro Taschengeld) monatlich erhalten. (Die bedarfsorientierte Mindestsicherung beträgt derzeit in Wien 837,76 Euro.) Erst wer sich fünf Jahre in Österreich aufhält, der soll Zugang zum Sozialsystem erhalten. Dadurch erhofft sich Kurz Einsparungen von mindestens 1,5 Milliarden Euro bis 2022.
Weniger Steuer auf Löhne und Gewinne.
Laut ÖVP-Idee sollen Unternehmer und Arbeitnehmer weniger zahlen: Die ersten drei Lohnsteuerstufen sollen von 25 auf 20 Prozent, von 35 auf 30 Prozent und von 43 auf 40 Prozent gesenkt werden. Zudem will Kurz die Körperschaftssteuer auf Gewinne, die Unternehmen nicht entnehmen, streichen. Derzeit liegt sie bei 25 Prozent. Eine Absage erteilt er Erbschafts- und Vermögenssteuern. Für jedes Kind soll es zudem einen Steuerbonus von 1500 Euro pro Jahr geben.
Steuerbonus auf das erste Eigenheim.
Geht es nach den Schwarzen, sollen beim Kauf des ersten Eigenheims keine Nebenkosten anfallen. Dies würde einen Entfall der Grunderwerbssteuer bedeuten, gedeckelt ist der Bonus mit 20.000 Euro. Die Eigentumsquote im EU-Schnitt liegt bei 70 Prozent, in Österreich wohnen 57 Prozent im Eigenheim.
Fusion der Sozialversicherungsträger und mehr Geld für Landärzte.
Von der Verwaltungseffizienz wie der Zusammenlegung der 22 Sozialversicherungsträger und der Verlagerung vom stationären zum ambulanten Bereich verspricht sich Kurz 700 Millionen Euro an Einsparungen. Um die medizinische Versorgung am Land zu gewährleisten, soll es Landarzt-Stipendien geben.
Wo soll das Geld sonst noch herkommen?
Als Gegenfinanzierung für die insgesamt rund zwölf Milliarden Euro schweren Entlastungen werden eine Ausgabenbremse (rund vier Milliarden Euro), Kürzungen bei Sozialleistungen, ein effizienteres Gesundheitssystem und Einsparungen bei Förderungen genannt. Der größte Posten bei der Gegenfinanzierung ist allerdings die geplante Steuerreform selbst: Von den Maßnahmen verspricht man sich bis 2022 rund fünf Milliarden Euro durch Wachstum. Experten zufolge "ist das eher zu viel". SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder kritisiert, dass die ÖVP-Gegenfinanzierung zu Einschnitten von zehn Milliarden Euro beim Mittelstand führen würde.