Politik/Inland

Trotz Hypo: Bestnote für Österreich

In einer Phase, in der es rund um die Hypo nur Horrormeldungen gibt, kommt endlich eine gute Nachricht: Die Ratingagentur Moody’s hebt die Kreditwürdigkeit Österreichs auf die Bestnote an.

Am Hypo-Problem ändert das aber nichts. Schon im Oktober war klar, dass die Hypo-Taskforce für eine Anstalts¬lösung ("Bad Bank") als "sinnvollste Lösung" und das "einzig Machbare" eintritt, sagt ein Banken-Aufseher zum Hypo-Debakel. Dann sei das Thema wegen der Regierungsbildung, dem Wechsel im Finanzressort und der immer heftigeren Insolvenzdebatte "verzögert und verzögert und irgendwann wirklich chaotisch" geworden.

Am Freitag, eine Woche nach dem Rücktritt von Taskforce-Chef Klaus Liebscher, bat nun sein Nachfolger, Notenbank-Chef Ewald Nowotny, um einen zeitlichen Aufschub von einer Woche. Es geht um die mit Hochspannung erwartete Präsentation des Taskforce-Endberichts. Ohne diesen verzögert sich auch die überfällige politische Entscheidung, ob die Hypo über die Anstaltslösung abgewickelt oder in die Insolvenz geschickt wird, erneut.

Warum ist eine baldige Entscheidung wichtig?

Der Zeitdruck ist enorm. Die Bank ist mitten im Bilanz-erstellungsprozess für 2013 und hat auch für 2014 einen Kapitalbedarf von einer Milliarde Euro angemeldet. Außerdem läuft parallel der Verkaufsprozess für das Südosteuropa-Netzwerk der Hypo. Die Pleite-Debatte drückt auf den Preis. Vor allem aber dürfen die derzeit fünf Kauf-Interessenten nicht wieder abspringen, sonst müssen ab 2016 auch die gesunden Bank-Töchter am Balkan in der Anstalt abgewickelt werden.

Was droht bei weiterem Zuwarten?

In naher Zukunft, so die Angst in der Hypo, könnte die Finanzmarktaufsicht einschreiten und die Bank unter Geschäftsaufsicht stellen, so sich Spindelegger zu keiner Entscheidung durchringt. Die Aufsicht steht ihrerseits unter strenger Aufsicht der Europäischen Zentralbank. Sollte die Hypo die gesetzliche Eigenkapitalquote unterschreiten, weil sich Eigentümer Staat im Lauf des April/Mai nicht zum Zuschuss von weiteren Hunderten Millionen durchringen kann, wird es eng.

Warum reißt die Pleite-Debatte nicht ab?

Weil die Option einer Hypo-Insolvenz als Drohkulisse gegenüber Bayern und den Anleihegläubigern gebraucht wird. Beide müssten bei einer Pleite kräftig mitzahlen. Ein Spitzenbanker, der anonym bleiben will, ist strikt gegen die Drohung: "Wir sollten nicht ohne Not unsere gute Reputation aufs Spiel setzen und uns auf eine Ebene mit Griechenland oder Zypern stellen. Auch ein Schuldenschnitt bei den Hypo-Investoren, die Anleihen mit Landeshaftung und damit einer impliziten Bundesgarantie gekauft haben, wäre ein unvorstellbarer Rechtsbruch, den man nicht durchstehen wird."

Warum ist jetzt auch ein Banker für Bank-Pleite?

Die Insolvenz-Fans argumentieren, dass die Hypo-Lasten auf mehrere Schultern verteilt würden und sehnen den Schluss-Strich unter das Hypo-Debakel herbei. Auch die Aufarbeitung der kriminellen Vorgänge in der Bank wäre leichter. Erste-Chef Andreas Treichl hat keine Angst vor einer Pleite der Hypo. Das Rating seiner Bank-Gruppe würde darunter nicht leiden, auch das Problem Kärntens hält er für lösbar. Die Bundesregierung müsste zusichern, dass man zwar bereit sei, die Hypo fallen zu lassen, aber zum Land Kärnten zu stehen, und dass dies ein nicht wiederholbarer Einzelfall wäre.

Wem nützt der Aufschub der Hypo-Entscheidung?

Eventuell der Regierung, in dem man die gewonnene Zeit und das Know-How des neuen Spindelegger-Chefberaters Dirk Notheis nutzt. Er soll prüfen, wie Anleihegläubiger zu beteiligen sind. Eine Idee: Der Tausch von Anleihen mit Landeshaftung gegen Anleihen mit Bundeshaftung – samt einem Abschlag. Dazu müssten die Anleihegläubiger aber zustimmen. Zwingen kann man sie nicht, solange Kärnten nicht pleite geht.

Wird sich die Bonität Österreichs verschlechtern?

Unmittelbar nicht, glauben Experten. Die bis zu 19 Milliarden Euro an faulen Krediten und derzeit unverkäuflichen Immobilien der Hypo sind von den Ratingagenturen längst eingerechnet. Einige Experten sind aber der Meinung, dass ein (unfreiwilliger) Schuldenschnitt bei den Hypo-Investoren das Vertrauen in den Finanzmarkt Österreich beeinträchtigen könnte. Und das könnte sich mittelfristig in einem schlechteren Rating und einer teureren Finanzierung für die Republik und die Bundesländer auswirken.

Stärkt das jüngste Gerichtsurteil gegen Ex-Hypo-Manager die Position der BayernLB gegenüber Österreich?

Das ist zu befürchten. Das (nicht rechtskräftige) Urteil gegen Kulterer & Co besagt im Kern, dass die 2006er-Bilanz gefälscht war. Die Bayern haben die Hypo 2007 auf Basis dieser Bilanz gekauft und deshalb nun ein starkes Argument an der Hand, den Kauf anzufechten. Die BayernLB will beweisen, mit 1,6 Milliarden Euro seinerzeit viel zu viel gezahlt zu haben.

Wir sind für den sauteuren Mist, der dank Hypo Alpe-Adria entstanden ist, nicht persönlich verantwortlich, werden ihn jetzt aber rasch aufräumen. Leider ist die Sache in den letzten Wochen noch ein weiteres Mal aus dem Ruder gelaufen, weil die Kommunikationsstrategie der Regierung unterm Hund war, wofür wir uns heute in aller Form entschuldigen.

Wir verstehen die große Empörung der Bürger. Unser Zögern hatte auch damit zu tun, dass jeder Experte etwas anderes daherredete. Wir halten nach reiflicher Überlegung eine ,Bad Bank‘ für vernünftiger, weil eine Hypo-Pleite wegen der Kärntner Landeshaftungen unabsehbare Folgekosten haben könnte. Dennoch wollten wir die Insolvenz nicht ganz ausschließen, um die Hypo-Investoren zu einem Entgegenkommen zu bewegen.

Gerne würden wir Ihnen einfache, populäre Lösungen bieten und uns umgehend das Geld von jenen zurückholen, die aus der Hypo Alpe-Adria moralisch ungerechtfertigten Profit geschlagen haben. Rechtlich prüfen wir alle Möglichkeiten dazu, und es gibt ein erstes Gerichtsurteil, das Hoffnung dafür macht. Dennoch ist es nicht leicht, gültige Verträge außer Kraft zu setzen. Außerdem wollen wir den Finanzplatz Österreich nicht beschädigen. Davon hat niemand etwas: Wenn unser Land in der Welt als unsicherer Kantonist gilt, verteuert das den Zinsendienst für unsere leider viel zu hohen Schulden. Wir können übrigens drei Vaterunser täglich beten, dass das noch nicht passiert ist. Im Gegenteil: Österreichs Staatsanleihen wurden zuletzt sogar billiger.

Wir versprechen, alles zu tun, um die Schuldfrage zu klären. Ausgangspunkt war die Großmannssucht von Jörg Haider, seiner Unterstützer in der Landesregierung und seiner Bankmanager in Kärnten, aber auch in München. Zudem hat die Kontrolle versagt. Künftig ist so etwas kaum mehr möglich: Die Landeshaftungen, die uns 2009 zur Notverstaatlichung der Bank gezwungen haben, sind dank EU seit 2007 in Österreich verboten. Und die Banken unterliegen seit der Finanzkrise weit strengeren Regeln.

Wir wissen aber auch, dass wir künftig mutiger sein und unser politisches System nach Geldverschwendung und Freunderlwirtschaft durchforsten müssen. Wir wissen, dass unsere Glaubwürdigkeit auf dem Spiel steht, die Bürger verlieren das Vertrauen in uns.

Noch sind wir eines der reichsten Länder der Welt mit hohen sozialen Standards. Seien Sie beruhigt: Daran wird auch die Krise der Hypo Alpe-Adria nichts ändern, auch wenn es uns nicht leicht fällt, die sinnlos verpulverten Milliarden hereinzubringen, die irgendwo am Balkan versickert sind. Das macht auch uns zornig. Aber da müssen wir jetzt durch. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Wir stehen Ihnen gerne für Fragen zur Verfügung, haben aber nicht auf alles eine einfache Antwort."

Muss so eine Rede Illusion bleiben? Also, wenn es selbst Papst Franziskus schafft, den Vatikan umzukrempeln und die Vatikanbank neu aufzustellen, warum sollte das nicht auch unserer Koalitionsspitze gelingen? Die beiden müssen ja dabei nicht gleich so viele Kinder abbusseln wie der Heilige Vater.