Politik/Inland

Tengg rechnet mit Strasser ab

Hansjörg Tengg, ehemaliger Geschäftsführer der Firma Mastertalk, hat heute für einiges Erstaunen und zahlreiche Lacher bei seiner Zeugenaussage zum Blaulichtfunk im parlamentarischen Untersuchungsausschuss gesorgt. Sein Fazit: Der damalige Innenminister Ernst Strasser (V) hatte viel zu wenig Geld für das Projekt und als er merkte, dass es sich mit dem Projektbudget bei weitem nicht ausgeht, habe er technische Probleme konstruiert, um Mastertalk aus dem Vertrag zu drängen.

Tengg sparte nicht mit klaren Worten: "Es war ein Projekt, das so unmöglich aufgesetzt war, wie ich noch nie von so etwas gehört habe. (...) Die Auftragserteilung erfolgte in einem vierzeiligen Brief. (...) Der Auftrag selber aber umfasste zwei Meter Ordner. (...) Der Vertrag war dadurch gekennzeichnet, dass vieles nicht geregelt war."

Als Beispiel nannte er die Suche nach Funkstandorten. Das Innenministerium hatte keine Funkstandorte genannt, als diese Nennung von Mastertalk urgiert wurde, nannte das Ministerium beispielsweise Grenzstationen - obwohl dem Innenministerium diese Standorte gar nicht mehr gehörten (sondern der Bundesimmobiliengesellschaft). Tengg sprach heute im Parlament von "Dummheit und Unfähigkeit".

Geld ging aus

Für Staunen sorgte Tengg, als er erzählte, dass Strasser schlicht das Geld für das Blaulicht-Projekt gefehlt habe. Strasser hätte sich nur 22 Mio. Euro aus dem Budget gesichert, gekostet hätte Adonis laut Vertrag aber 72 Mio. Euro jährlich. Tengg rechnete vor: Ein Funkgerät sollte 1.000 Euro kosten, 22.000 Stück hätte das Innenministerium gebraucht, das wären 22 Mio. Euro an Ausgaben gewesen. Die weiteren 50.000 Geräte und das Geld dafür sollten von anderen Blaulichtorganisationen und dem Bundesheer kommen. Diese waren aber nicht an Bord bei Adonis, wodurch Strasser nun 50 Mio. Euro jährlich fehlten.

Als dies offensichtlich wurde habe das Kabinett Strasser mit "Abmagerungsgesprächen" begonnen. "Von da an wurde es immer schwieriger", so Tengg. Er habe daraufhin auch mit dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser über eine Budgeterhöhung für Strasser gesprochen, dieser hätte gemeint: "Was, der (Strasser, Anm.)? Der kriegt von mir keinen Cent."

Irgendwann, als alle Versuche gescheitert sind aus dieser Situation heraus zu kommen, hat Tengg nach Eigenangaben dem damaligen Siemens-Chef Alfred Hochleitner - Siemens war mit Raiffeisen und Siemens Teil des Mastertalk-Konsortiums - gesagt, "wir dürfen nichts mehr investieren, weil die zahlen nicht mehr". Daraufhin habe es ein Treffen von Hochleiter, dem damaligen Raiffeisen-Chef Christian Konrad und Strasser gegeben. Hier sei endgültig klar geworden, dass sich Strasser zu wenig Budgetmittel gesichert habe, so Tengg. Deshalb sei die wechselseitige Kündigung im Juni 2003 erfolgt.

Orangisierter Lobbyismus

Tengg vermutete zudem, dass das "Adonis"-Projekt durch "organisiert betriebenen Lobbyismus" seitens der Konkurrenz und Verantwortlicher im Innenministerium systematisch mies gemacht werden sollte. So habe es regelmäßig "bösartige Medienberichterstattung" über angebliche technische Probleme gegeben. Diese hätte wiederum die Banken bei den damals laufenden Finanzierungsverhandlungen nervös gemacht. Parallel dazu seien Vertreter der Konkurrenz "wie die Aasgeier" gekommen und hätten ihre Einbindung in das Projekt vorzuschlagen.

Aus den dem U-Ausschuss vorliegenden Akten geht hervor, dass ein angeblicher Telekom-Experte dem Siemens-Konzern empfohlen hatte, sich mit Motorola in Verbindung zu setzen, weil die Firma ein gutes Konzept beim Blaulichtfunk anbieten könne. Tengg meinte, der selbe Mann sei auch zu ihm gekommen, ebenso Motorola-Manager Josef Neureiter (er ist am Donnerstag geladen). "Wie die Aasgeier" habe man versucht, im Hintergrund Lobbying zu betreiben, "um die Geschichte mies zu machen", und habe parallel dazu angeboten, "einen Teil des Kuchens oder doch den ganzen zu übernehmen".

Zurückgewiesen wurde von Tengg die Kritik des Innenministeriums, wonach sich bei Adonis die Kosten für die Handys von 1.000 auf über 3.000 Euro jährlich erhöht hätten. Dies sei nach seiner Darstellung eine automatische Folge der ausbleibenden Bundesländer-Beteiligung gewesen, die den Kostenanteil des Innenministeriums natürlich erhöht habe.

Tatsächliche Probleme hatte Mastertalkt laut Tengg aber bei den Verhandlungen mit den Banken (Raiffeisen, Volksbank). "Diese Fremdfinanzierungsverhandlungen sind dauernd überlagert worden durch die bösartigen Medienberichterstattungen", so Tengg. Weil medial die Rede davon gewesen sei, dass das Projekt technisch nicht machbar sei, seien auch die Banken nervös geworden. Die Angst der Banken sei vom Innenministerium jedoch "systematisch herbeigeführt worden". So habe es eine Funktionsüberprüfung des Netzes schon zu einer Zeit gegeben, als noch gar keine Funkleistung verpflichtend vereinbart gewesen sei.

Grund für die Kündigung des Vertrags waren aus Tenggs Sicht allerdings letztlich die Budgetprobleme des Innenministeriums. Es sei aber möglich, dass es eine "Agenda" zu Motorola gab. "Ich persönlich habe das damals nicht gesehen - oder nicht sehen wollen", so Tengg.