Strache folgt Riess, Kern trifft wieder auf Sobotka
FPÖ-Chef Heinz Christian Strache wandelt auf den Spuren seiner Vorgängerin als FPÖ-Vizekanzlerin. Der FPÖ-Chef nimmt sich in der Bundesregierung die gleichen Kompetenzen wie damals Susanne Riess-Passer als Partnerin von Kanzler Wolfgang Schüssel. Strache wird in der neuen Regierung Vizekanzler und Bundesminister für den Öffentlichen Dienst und Sport, Riess leitete vom Februar 2000 bis Februar 2003 laut Amtskalender das "Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport".
Auf Strache kommt eine heikle Aufgabe zu: Er soll laut türkis-blauem Koalitionspakt ein neues Beamtendienstrecht verhandeln. An der renitenten schwarzen Beamtengewerkschaft haben sich schon einige Regierungen die Zähne ausgebissen – auch die letzte. Sie hat darüber nicht einmal zu verhandeln begonnen.
Außerdem dürfte sich Strache bald mit einem Pfusch der Vorgängerregierungen bei der Beamtenbesoldung herumschlagen müssen. Eine kostspielige Anrechnung von Vordienstzeiten ist trotz mehrerer Reparaturversuche immer noch nicht rechtlich wasserdicht abgewendet. Laut Neos-Abgeordnetem Gerald Loacker liegt die Sache erneut beim EuGH. "Es ist damit zu rechnen, dass die bestehende Regelung wieder aufgehoben wird", sagt Loacker.
Ein spezielles Wiedersehen steht SPÖ-Chef Christian Kern ins Haus: Ausgerechnet Wolfgang Sobotka, der Sprengmeister des Kern-Kabinetts, übersiedelt nun zur Oppositionspartei SPÖ ins Parlament. Der Jubel, weiterhin an gemeinsamer Stätte mit Sobotka wirken zu dürfen, hält sich bei Kern vermutlich in Grenzen. Sobotka hat am 7. Mai 2017 in einem KURIER-Interview den Startschuss zum Ende der rot-schwarzen Koalition abgefeuert. "Für Kern ist der Zug abgefahren. Er hat als Kanzler versagt", polterte Sobotka im Mai.Es wird interessant, ob Sobotka bei seiner Wahl zum Nationalratspräsidenten nur die 113 Stimmen der türkis-blauen Fraktionen bekommt, oder ob ihn vielleicht doch der eine oder andere Rote oder Pinke wählt.
In den Präsidialsitzungen des Nationalrats gehört es künftig zu Sobotkas Aufgaben, mit viel Fingerspitzengefühl und Geduld nach Konsenslösungen zwischen den Fraktionen zu suchen – für das Raubein aus Niederösterreich eine neue Erfahrung.
Der bisher führungslose Ausschuss für Menschenrechte im Nationalrat hat jetzt doch noch einen Interessenten gefunden: Neos werden sich der Sache der Menschenrechte annehmen, Nikolaus Scherak übernimmt den Vorsitz (die Liste Pilz hatte sich verweigert, weil sie sich übergangen fühlte).
Die neue Regierung will übrigens "Menschenwürde" und "bürgerliche Freiheitsrechte" in der Verfassung verankern. Ob das mit einigen anderen Passagen im türkis-blauen Koalitionspakt vereinbar ist, wonach anerkannte Flüchtlinge nur 365 € monatlich an Mindestsicherung bekommen sollen und Asylwerbern bei der Ankunft alles Bargeld abgenommen werden soll?
"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren", lautet der Artikel 1 der Menschenrechtsdeklaration. Als Nationalratspräsident ließ Heinz Fischer diesen Satz am Eingang ins Parlament an der Ringseite in Stein meißeln.