Politik/Inland

Einigung auf Staatsbürgerschaft neu

Die beiden Koalitionsparteien haben sich am Dienstag auf einen gemeinsamen Entwurf für ein neues Staatsbürgerschaftsgesetz geeinigt. Damit soll künftig die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft schon nach sechs Jahren und nicht erst wie bisher in der Regel nach zehn Jahren möglich sein. Maßgeblich für die Vergabe des Reispasses soll künftig nicht mehr die bloße Aufenthaltsdauer, sondern der Fortschritt der Integration sein.

Der von den beiden Staatssekretären Sebastian Kurz (V) und Josef Ostermayer (S) ausgearbeitete Gesetzesentwurf ist am Dienstag in Begutachtung gegangen. Nach einer vierwöchigen Begutachtungsfrist bis 6. März ist ein Beschluss im Ministerrat für 19. März geplant. In Kraft treten soll das neue Staatsbürgerschaftsgesetz dann am 1. Juni 2013.

Neues System

Vorgesehen ist künftig ein Drei-Stufen-System. Wer sehr gut integriert ist, bekommt die Staatsbürgerschaft nach sechs Jahren. Wer ausreichend integriert ist, erhält sie nach zehn Jahren, und wer die vorgegebenen Standards nicht erfüllt, der bekommt die Staatsbürgerschaft gar nicht.

Nach sechs Jahren ist der Erwerb der Staatsbürgerschaft grundsätzlich möglich, wenn die betreffende Person einen gesicherten Lebensunterhalt nachweisen kann und über Deutschkenntnisse auf Maturaniveau (B2-Level) verfügt. Ein weiterer Nachweis einer persönlichen Integration ist dann nicht mehr nötig. Als gesicherter Lebensunterhalt gilt dabei ein Einkommen von rund 1.000 Euro pro Person und Monat, wobei die besten drei Jahre der letzten sechs Jahre herangezogen werden. Die betreffende Person muss in diesen sechs Jahren regelmäßig einer Arbeit nachgegangen sein, Steuern und Abgaben gezahlt haben, ohne Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen zu haben. Angerechnet werden dabei auch Zeiten der Eltern- oder Familienhospizkarenz.

Verfügt der Bewerber nicht über Deutschkenntnisse auf Matura-, sondern nur auf Mittelschulniveau (B1-Level), kann er ebenfalls nach sechs Jahren die Staatsbürgerschaft bekommen, allerdings muss er dann eine nachhaltige persönliche Integration nachweisen. Er muss sich dafür zumindest drei Jahre lang gemeinnützig engagiert haben. Entweder muss er ehrenamtlich bei einer gemeinnützigen Organisation mit Tätigkeitsbereich in Österreich (Feuerwehr, Rotes Kreuz, Samariter etc.) oder beruflich im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereich oder ehrenamtlich in einem nicht gesetzlichen Interessenverband (Elternvertretung, Betriebsrat) tätig gewesen sein.

In der zweiten Stufe ist der Erwerb der Staatsbürgerschaft nach zehn Jahren möglich. Dafür reichen die (auch für den Erhalt nach sechs Jahren geltenden) Kriterien der Unbescholtenheit, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Sprachkenntnisse auf Mittelschulniveau sowie ein erfolgreicher Staatsbürgerschaftstest. Diese Tests werden bis zum Frühjahr überarbeitet, künftig soll weniger historisches Faktenwissen abgefragt werden, sondern mehr Wert auf Werte und Fragen des Zusammenlebens gelegt werden. Wer all diese Kriterien nicht erfüllt, soll auch die Staatsbürgerschaft nicht bekommen.

Noch offen ist ein geplanter Kritierienkatalog für Prominente, die weiterhin rascher die Staatsbürgerschaft bekommen können sollen. Die Richtlinie dafür muss noch erarbeitet und dann ebenfalls im Ministerrat beschlossen werden.

Wer kann die Staatsbürgerschaft bereits nach sechs Jahren beantragen?

Entweder: Personen, die seit sechs Jahren regelmäßig in Österreich gearbeitet haben und über Deutschkenntnisse auf Maturaniveau (als Fremdsprache) verfügen. Oder: Personen, die seit sechs Jahren hier arbeiten, Deutsch auf Mittelschulniveau (als Fremdsprache) sprechen und sich drei Jahre lang ehrenamtlich engagiert haben (Feuerwehr, Rotes Kreuz, Elternverein etc.) oder im Gesundheits-, Sozial- oder Bildungsbereich arbeiten. Voraussetzung: Binnen sechs Jahren darf weder Arbeitslosengeld noch Mindestsicherung bezogen werden.

Gibt es ein Mindest-Einkommen?

Ja, es liegt im Schnitt bei rund 1000 Euro (brutto) und hängt von gewissen Kriterien ab (alleinstehend, verheiratet, Kinder etc.). Die Grünen kritisieren, dass die Grenze zu hoch ist. Viele Migranten hätten daher keine Chance auf einen Pass.

Wer erhält den Pass nach zehn Jahren?

Wer einen Job hat und Deutsch auf Mittelschulniveau beherrscht, aber nicht ehrenamtlich werkt, kann die Staatsbürgerschaft nach zehn Jahren beantragen.

Muss weiterhin der Staatsbürgerschaftstest absolviert werden?

Ja – egal, ob man den Pass nach sechs oder zehn Jahren anpeilt. Der Multiple-Choice-Test soll allerdings überarbeitet werden (weniger historisches Wissen, mehr Wertevermittlung).

Was ist mit kranken oder behinderten Menschen?

Menschen, die wegen einer Behinderung nicht in der Lage sind, Deutsch zu lernen oder für ihren Unterhalt zu sorgen sowie Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten können, dürfen den Pass nach zehn Jahren beantragen.

Kann der Pass verweigert werden?

Ja. Einen Rechtsanspruch auf die Staatsbürgerschaft gibt es erst nach 30 Jahren. Und selbst dann müssen Antragsteller minimale Deutschkenntnisse vorweisen können.

Was ist noch strittig?

Migrantinnen, die arbeiten, dann aber ein Kind bekommen, sollen ebenfalls bereits nach sechs Jahren eine Chance auf die Staatsbürgerschaft haben. Debattiert wird noch über die Anrechnungsdauer der Karenz.

Gibt es auch Änderungen für Kinder?

Ja, und zwar für uneheliche Kinder. Sie hatten bis dato nur Anspruch auf die Staatsbürgerschaft, wenn die Mutter Österreicherin ist. Künftig genügt es auch, wenn der Vater Österreicher ist – und die Vaterschaft anerkennt.

Gelten für Promis künftig auch neue Regeln?

Prominente können per Ministerratsbeschluss rasch zu einem österreichischen Pass kommen – wenn es im Interesse der Republik ist. Das bleibt so. Neu ist, dass die Kriterien dafür klarer geregelt werden. Ein entsprechender Katalog wird noch in der Regierung verhandelt.

Alle Inhalte anzeigen