Sobotka rudert zurück: Doch kein Hitlerhaus-Abriss?
Von Peter Draxler
Salzburger Vorstadt Nr. 15, eine unauffällige Adresse in einer oberösterreichischen Kleinstadt. Doch nicht immer war die Anschrift so unverfänglich, von 1938 bis 1945 stand der dreigeschossige Bau in der Adolf-Hitler-Straße. Denn bei der Kleinstadt handelt es sich um Braunau am Inn, bei dem Gebäude um jenes Haus, in welchem Adolf Hitler, deutscher Reichskanzler, Antisemit und Massenmörder, am 20. April 1889 das Licht der Welt erblickte.
„Das Hitlerhaus wird abgerissen“, ließ VP-Innenminister Wolfgang Sobotka am Montag über „Die Presse“ verlautbaren. Um damit einen endgültigen Schlussstrich unter die Debatte um den Umgang mit Hitlers Geburtshaus zu ziehen. Sobotka erklärte, er teile die Ansicht der eingesetzten Expertenkommission, "wonach eine tief greifende architektonische Umgestaltung sinnvoll ist, um sowohl den Wiedererkennungswert als auch die Symbolkraft des Gebäudes dauerhaft zu unterbinden". Am Montag hieß das für Sobotka: „Die Kellerplatte kann bleiben, aber es wird ein neues Gebäude errichtet.“
Kommission kritisiert "Verleugnung"
Die Folge war massiver Widerstand in der angesprochenen „Kommission zum historisch korrekten Umgang mit dem Geburtshaus Adolf Hitlers“– unter anderem besetzt mit dem Braunauer Bürgermeister Johannes Waidbacher (ÖVP), dem ehemaligen VwGH-Präsidenten Clemens Jabloner dem Historiker Oliver Rathkolb und dem IKG-Präsidenten Oskar Deutsch. Ein Abriss würde „einer Verleugnung der NS-Geschichte in Österreich gleichkommen“, erklärten Jabloner und Rathkolb am Dienstag.
Bei der Übergabe des Berichts an den Innenminister habe man sich für eine Veränderung der Fassade ausgesprochen. In ihrem Bericht empfiehlt die Expertenkommission, „einer sozial-karitativen oder behördlich-administrativen Nutzung der Liegenschaft den Vorzug zu geben“. Von einer Nutzung als Museum wird ausdrücklich abgeraten. Diese könne eine Assoziierung mit der Person Hitlers oder eine Identifikation mit dem Nationalsozialismus begünstigen.
Sobotka will "Wiedererkennung" verunmöglichen
Am Dienstag ruderte der Innenminister zurück: Eine „Wiedererkennung“ solle verunmöglicht werden, das Haus „vor allem in der Außenform nicht erkennbar sein“, sagte Sobotka vor dem Ministerrat. Ob man dies als Abriss bezeichnen kann, darüber könne man diskutieren. Wesentlich sei, dass das Haus kein Gedenk- oder Versammlungsort für Neonazis sein kann. Ein erster Schritt soll jedenfalls schon bald mit der Enteignung der bisherigen Besitzerin gesetzt werden, diese wird im Innenausschuss des Nationalrates behandelt.
Nach der erfolgten Enteignung soll nach Vorstellung Sobotkas ein Architektenwettbewerb durchgeführt und gemeinsam mit der Stadt Braunau über die Art der Verwendung entschieden werden. Sowohl eine behördliche als auch eine soziale Nutzung sind nun für den Innenminister vorstellbar. Ganz wie im Kommissionsbericht empfohlen.