Was von der SPÖ-Reform übrig blieb
Mittlerweile hat die Statutenreform der SPÖ, die eine Öffnung und Demokratisierung der Partei bringen soll, eine recht lange Reise hinter sich. Am heutigen Donnerstag soll diese nun enden, die Reform von Präsidium und Vorstand abgesegnet werden.
Begonnen hatte die wilde Fahrt im Frühjahr: Noch unter der Führung von Christian Kern wurden die neuen Strukturen ausgearbeitet und im Juni - gemeinsam mit einem neuen Grundsatzprogramm - den rund 170.000 Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt. Mit Erfolg: Alle Vorschläge zur neuen Organisation der Partei (Details siehe unten) wurden mit mindestens 72 Prozent angenommen.
"ÖVP und FPÖ haben ihre Parteien in autoritäre Wahlvereine verwandelt“, konnten sich die Sozialdemokraten noch im Mai in einer Presseunterlage einen Seitenhieb auf die Regierungsparteien nicht verkneifen. „Wir wollen sie öffnen, mit Demokratie beleben und repolitisieren.“
Doch dann kam Kerns Nein-doch-Rücktritt, Pamela Rendi-Wagner übernahm die Partei und plötzlich schien das Papier doch ein wenig zu viel der Belebung zu beinhalten: Auf der Präsidiumsklausur Anfang Oktober schoss die Wiener SPÖ die Reform jedenfalls ab. Vor allem der Passus, wonach die Ausübung eines Mandats auf zehn Jahre beschränkt werden sollte, ging Bürgermeister Michael Ludwig gegen den Strich.
Steirische Rebellion
Das missfiel wiederum den steirischen Genossen. Zwar sei die Verschiebung der Reform eine "legitime Entscheidung" Rendi-Wagners, auf Landesebene werde man an der Öffnung jedoch festhalten, ließ der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer wissen. Um wenige Tage später im KURIER-Gespräch zu fordern, zumindest Teile der Parteireform doch auch auf Bundesebene zu retten.
Woraufhin sich auch andere Funktionäre veranlasst sahen, ihrem Unmut über die verschobene Reform Ausdruck zu verleihen - und Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda bekanntgab, man arbeite gemeinsam "an einer einheitlichen Lösung im Sinne der Öffnung der Partei".
Diese scheint nun gefunden worden zu sein - und so sieht der Kompromiss aus, der am Nachmittag beschlossen werden soll:
- Mandatsbeschränkung
Hier wurde mit am meisten nachgewässert: Ursprünglich sollten Mandate auf allen politischen Ebenen auf zehn Jahre beschränkt werden. Will ein Mandatar für dieselbe Funktion (also zum Beispiel den Landtag) über diese zehn Jahre hinaus ein weiteres Mal kandidieren, braucht er dafür die Zustimmung des Gremiums, das die jeweiligen Kandidatenlisten absegnet (also zum Beispiel des Landesparteitags). Das kommt nun nur auf Bundesebene für Nationalrats- und EU-Wahllisten. Für Landeslisten und Regionalwahlkreise gilt diese Regelung jedoch nicht.
- Mitgliederbefragung
"Zu wichtigen politischen Fragen" können künftig fünf Prozent der Parteimitglieder eine Mitgliederbefragung verlangen. Unterstützen zumindest zehn Prozent die Forderung nach einer Befragung, wird deren Ergebnis bindend.
- Koalitionspakte
Auch hier wurde der ursprüngliche Entwurf kräftig verwässert. Die Idee war, dass künftig die Parteimitglieder allfällige Koalitionsabkommen absegnen müssen - mit der Einschränkung, dass sich zumindest 20 Prozent der Mitglieder an der Abstimmung beteiligen. Der Kompromiss sieht nun jedoch vor, dass erst der Bundesparteivorstand sowohl über das Koalitionspapier abstimmt - als auch darüber, ob er auch die Mitglieder darüber (bindend) abstimmen lassen will.
- Solidaritätsabgabe
Funktionsträger der SPÖ dürfen in Zukunft "neben dem Beruf oder einer berufsähnlichen Tätigkeit nur eine einzige bezahlte politische Funktion ausüben". Stimmt der Bundesparteivorstand zu, darf auch eine weitere Funktion ausgeübt werden, dafür bezogene Einkünfte müssen jedoch einem Parteifonds gespendet werden, dessen Mittel "wissenschaftlichen, sozialen und ökologischen Zwecken zu widmen" sind.
- Gastmitgliedschaften
Was im März 2017 als Pilotprojekt gestartet wurde, soll nun ins Statut übernommen werden: die Möglichkeit einer einjährigen kostenlosen Gastmitgliedschaft. Die "Schnuppermitglieder" haben Rede- und Antragsrecht, abstimmen dürfen sie jedoch nur im Rahmen von Themeninitiativen (siehe nächster Punkt).
- Themensektionen
"Auf allen Ebenen der Partei" sollen künftig "Initiativ- und Projektgruppen" gebildet werden können, an denen auch Nicht-Parteimitglieder teilnehmen dürfen. Das soll, wie die Gastmitgliedschaften, zu einer Öffnung der Partei führen. Diese Initiativen müssen halbjährlich über ihre Tätigkeit berichten und anschließend auch "verpflichtend politische Aktionen" durchführen. Zusätzlich darf jede "Themensektion" einen Delegierten zum zuständigen Parteitag entsenden.