Politik/Inland

Sebastian Kurz: "Aber wie lange hält er seinen Glanz?"

"Zeit Online"
"Die One-Man-Show. Jungstar und Hoffnungsträger: Der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat die Partei in kurzer Zeit unter seine Kontrolle gebracht. Aber wie lange hält sein Glanz?

Am Ende legten sie Sebastian Kurz ihre Partei zu Füßen. Mächtige Landeshauptleute, einflussreiche Parteifunktionäre und bis vor Kurzem bedeutende Chefs von Teilorganisation der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) hievten ihren Jungstar Kurz nach dem Parteivorstand am Sonntagabend auf den Chefsessel - ausgestattet mit Vollmachten, wie sie noch keiner seiner Vorgänger je hatte. Eine Zäsur in der Geschichte der Partei und der Zweiten Republik. (...)

Was nun kommt, weiß keiner so recht. (...) Doch die nächste Wahl ist nur ein Zwischenschritt. Egal wer gewinnt, eine Regierungsbeteiligung der FPÖ ist wahrscheinlicher denn je."

"Die Welt"
"Den Parteigranden geht es jetzt an den Kragen. Mit Macron könnte er Teil einer europäischen Zeitenwende werden: Sebastian Kurz, 30 Jahre alt und bald womöglich Kanzler Österreichs. Der Außenminister greift radikal durch, hält so aber die Populisten in Schach."

"Frankfurter Rundschau"
"(Kanzler Christian) Kern hofft, dass der Glanz von Kurz durch die innenpolitischen Mühseligkeiten bis zur Wahl etwas verblasst. Überhaupt will er sich neben Kurz als Kanzler darstellen, um den Jungen 'auf seinen Platz zu verweisen'. (...) Kurz und Kern sind einander sehr ähnlich. Auch Kern wirkt jugendlich, zukunftszugewandt, modisch. Beide sehen sich gern im Zentrum des Geschehens - gemeinsame Charakterzüge, die dazu führen, dass sie nicht gut miteinander können. Das wurde in den vergangenen Tagen deutlich. Sagt Kurz etwas, kontert Kern mit einem Gegenvorschlag."

"Süddeutsche Zeitung" (online):
"Sebastian Kurz macht aus der ÖVP ein Instrument seiner Ambitionen. Die Partei existiert weiter - als Gerippe und Geldgeber. (...) Die ÖVP war regierungsunfähig und in so viele Machtblöcke aufgespalten, dass sie eine Rundumerneuerung, vielleicht eine Auflösung braucht. Was nicht sauber ist, sind allerdings Zeitpunkt und Form: Ein Jahr vor der Wahl und ein halbes Jahr nach Festlegung auf ein gemeinsames Arbeitsprogramm wird das Ende dieser Koalition und damit der Arbeit ausgerufen, weil die Machtkämpfe in der ÖVP aus dem Ruder gelaufen sind. Diese Entwicklung wurde zum Schluss beschleunigt, um die Wahlchancen zu erhöhen. Wenn jetzt aber die ÖVP-Granden, allen voran Kurz, einen Dauer-Vorwahlkampf der SPÖ behaupten und überhaupt die Hauptschuld für die Entfremdung bei den Sozialdemokraten suchen, dann ist das verlogen."

"Hospodarske noviny" (Prag)
"Es ist nicht zu hundert Prozent auszuschließen, dass die österreichischen Bürgerlichen der ÖVP oder die Sozialdemokraten (SPÖ) am Ende mit der früheren Haider-Partei FPÖ eine Regierungskoalition bilden. Dies gilt umso mehr, da das jetzige Bündnis der beiden Traditionsparteien als erschöpft gilt. (Der neue ÖVP-Vorsitzende) Sebastian Kurz hat bisher politischen Instinkt sowie den Willen bewiesen, neue Lösungen dann durchzusetzen, wenn die alten ihren Sinn verlieren. Doch erst das Wahlergebnis wird zeigen, ob sein Experiment der vorgezogenen Wahl gelungen ist - oder ob die Lösung des Politikers einen unangenehmen Nachgeschmack hinterlassen wird. Denn viele werfen Kurz schon heute einen Hang zur 'Orbanisierung' (nach dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban) vor."

"Sme" (Bratislava)
"Ähnlich wie Emmanuel Macron in Frankreich vermittelt auch der neue Chef der Österreichischen Volkspartei der breiteren Öffentlichkeit das Gefühl, hier sei jemand, der Probleme anpacken und lösen könne. Das niederländische und das französische Wahlergebnis, dazu die drei klaren Wahlsiege der CDU in deutschen Landtagswahlen, das sind Signale dafür, dass der Kritik durch das Antisystem-Lager die Luft ausgehen könnte. Auch die Neuwahlen in Österreich könnten diese Normalisierung der europäischen Atmosphäre bestätigen."