Politik/Inland

Rauch: "Ich verspreche, ich werde liefern"

Ein politisches Gipfeltreffen nennt es ORF-Journalist Klaus Webhofer in der Sendung Klartext. Bund und Länder sind sich meist bei Gesundheits- und Pflegefragen uneins: Corona und die Baustelle Pflege sorgten bereits häufig für Zwist. Um so überraschender ist die plötzliche Harmonie zwischen dem neuen Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und dem Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) in der ORF-Radiosendung Klartext am Mittwochabend.

Denn es handle sich keinesfalls um eine Konkurrenz zwischen dem Bund und der Bundeshauptstadt Wien bei Corona-Fragen, so Rauch, der voll des Lobes für den Wiener Weg und das bisherige Wiener Testsystem ist. Denn dieses sei das "perfekte System. Es ist fehler- und einwandfrei." Es sei bekannt, dass Rauch die Ausrollung des Wiener Systems im Sommer 2021 unterstützt hatte.

Aber als Gesundheitsminister müsse er sich nicht um einen individuellen Weg kümmern, sondern um neun Bundesländern. Das nun geplante Testregime (fünf PCR-Tests plus fünf Antigentest pro Monat) - es soll am Freitag in Kraft treten - sei ein Kompromiss zwischen denjenigen, die das unlimitierte Testen weiterführen wollten und denen, die es ganz abschaffen wollten, erklärt Rauch. 

"Verordnung zeitgerecht da"

Dass die Verordnung für das neuen Testsystem noch auf sich warten lässt, wurde in den Ländern zuvor stark kritisiert. Umso überraschender dann die Unterstützung Hackers für den Neo-Gesundheitsminister.  "Wien wartet sehnlichst auf die Verordnung. Dass sie noch nicht da ist, ist aber nicht die alleinige Schuld des Gesundheitsministers", springt Hacker Rauch zur Seite. Dieser sei nämlich in koalitionären Zwängen.

Rauch versichert, dass die Verordnung im finalen Stadium sei und sicher zeitgerecht da sein werde. Angesprochen darauf, ob angesichts der hohen Infektionszahlen die Limitierung der Tests nicht um ein Monat zu früh komme, verweist Rauch auf bereits laufende Vorbereitungen, die man nicht abbrechen könne.

Plan für den Herbst

An einem Strang scheinen Rauch und Hacker auch bei den Plänen für den Herbst zu ziehen. Die Regeln müssen kontinuierlich und nachvollziehbar sein, das vereinheitlichte Testsystem müsse wieder hochgefahren werden, wenn nötig, und: Die Impfquote müsse steigen.

"Ich finde mich sicher nicht damit ab, dass 20 Prozent sich nicht impfen lassen wollen. Es braucht eine Überzeugung von unten", meint Rauch. 

Wenig Vertrauen in die Regierung

Im APA/OGM-Vertrauensindex ist Rauch mit historisch schlechten minus 18 Prozent eingestiegen. Das habe ihn aber nicht überrascht, erklärt er: "Ich bin doch keiner, der da herkommt und glaubt, ich bin der Retter der Nation", sagt Rauch. Er sei auf die schlechte Stimmung ihm gegenüber vorbereitet gewesen. "Peter Hacker hat Wien. Aber ich hab neun Bundesländer", erklärt er die Herausforderungen seines Jobs.

Das unterstützt auch Peter Hacker: "In der österreichweiten Corona-Politik wurden in den letzten zwei Jahren viele Scherben produziert, die der Gesundheitsminister beerbt hat", so Hacker. Das  Vertrauen in die gesamte Bundesregierung sei nach zwei Jahren Pandemie schlecht, das liege nicht am Gesundheitsminister, unterstützt der sonst eher scharfzüngige Hacker den Gesundheitsminister. Die Beziehungen zwischen Bund und Ländern und das Vertrauen der Bevölkerung seien zerrüttet, Hacker blicke aber durchaus zuversichtlich auf die Zusammenarbeit mit Rauch, wie er meint.

Um wieder "mehr Klarheit und Einheitlichkeit zu bekommen", nehmen sich Bund und Länder am Donnerstag und Freitag Zeit für die gemeinsame Linie. Rauch, der früher in der Vorarlberger Landesregierung war, kennt beide Seiten. Die Zukunft bringe neue Parameter, durch Krieg, Klima und die Energiekrise, deshalb müsse man der Bevölkerung nun zeigen, dass Bund und Länder man "gemeinsam arbeiten" würde. 

Hacker ist an diesem Abend voll des Lobes: Er nehme Rauch als "aktiv zuhörenden und aufsaugenden Menschen wahr. Ich schätze, dass sich der Gesundheitsminister Zeit und Raum einräumt."

Rauch will auf Personal achten

"Die Leute laufen nicht nur davon, sondern sie brennen aus", sagt Rauch über die das Pflege- und Krankenhauspersonal, das durch die Corona-Pandemie am Limit der Kräfte ist. Er will sich als Gesundheitsminister präsentieren, der auf Seiten des Personals steht.

Hacker wirft der Bundesregierung vor, sich zu wenig um das Personal gekümmert zu haben. Deshalb sei das Vertrauen in der Bundesregierung auch geringer als das Vertrauen der Wiener und Wienerinnen in das Corona-Management der Stadt Wien, so Hacker. 

Österreich versus Schweden?

Beide Länder haben annähernd gleich viele Todeszahlen, obwohl Schweden deutlich lockerer mit der Pandemie umgegangen ist. Doch es gebe "massive" Unterschiede zwischen den Bundesländern, erklärt Hacker und wird von Rauch bestätigt.

Notstand in der Pflege wurde verschlafen

Ein weiterer großer Punkt, für den Rauch zuständig ist, ist das schon lange drängende Pflegeproblem. "Ja, ich weiß um das Problem und ja, es wurde bisher verschlafen. Aber ich verspreche, ich werde liefern", sagt Rauch. Und kündigt eine Pflegepaket bis zum Ende des ersten Halbjahres 2022 an. "Es wird um Geld gehen. Ohne Länder wird es keine Lösung geben - auch nicht ohne Mithilfe der Länder, Städte und Gemeinden." Erste Maßnahmen seien bereits auf dem Weg.

Denn: Es fehlen 80.000 - 100.000 Pflegekräfte bis 2030. "Uns fällt Personal weg, man muss neues Personal akquirieren." Rauch sieht hier auch Potenzial bei den aus der Ukraine Vertriebenen und allgemein in der Zuwanderung.

"Wir brauchen hier Zuwanderung, das muss man klipp und klar sagen", so der Gesundheitsminister, sonst könne man den Bedarf nicht decken. Außerdem müsse die Bezahlung erhöht werden.

Hacker fordert zusätzlich einen bundesweiten Ausbildungsfonds, wie es in Wien und weiteren Bundesländern bereits der Fall sei. Sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Zukunftsperspektiven für Beschäftigte. Es lägen viele Vorschläge auf dem Tisch. 

Beim Treffen des Gesundheitsbeamten und dem Gesundheitsminister in den kommenden zwei Tagen in Vorarlberg, wird auch die Pflege ein großes Thema sein.