Ratlosigkeit bei Liste Pilz: Kein neuer Name, kein neuer Chef
Von Bernhard Gaul
Ein Grund, warum die verbliebenen acht Abgeordneten der Liste Pilz weder über einen neuen Namen, noch über einen neuen Chef handelseins wurden, mutet einigermaßen skurril an: Zwei der künftigen Abgeordneten waren urlaubsbedingt nicht bei der ersten Krisensitzung am Samstag dabei. Immerhin, Sonntagnachmittag wurden die beiden dann doch via Internet-Videotelefon zugeschaltet.
Thema der Sitzung war, wie es nach dem Abgang von Peter Pilz weitergehen soll. Der Listengründer soll 2013 vor mehreren Zeugen betrunken eine junge Frau begrapscht haben und war deshalb von allen politischen Funktionen zurückgetreten. "Da geht es nicht nur um einen neuen Namen und einen neuen Klubchef, sondern auch darum, wer den Posten des Klubdirektors übernehmen soll oder welche Mitarbeiter und Referenten wir brauchen", erzählt Bruno Rossmann, der vor dem Sommer gemeinsam mit Pilz die Grünen verlassen und die neue Wahlliste aufgebaut hatte.Pilz’ Anwalt und Neo-Abgeordneter Alfred Noll sagte zum KURIER, dass "wir erst nach der konstituierenden Klubsitzung am Mittwoch, den 8. November, die weiteren Entscheidungen bekannt geben. Wir wollen nicht weitere Spekulationen fördern oder Gerüchte befeuern."
Sexuelle Belästigung
Allerdings sind für Rossmann die Hintergründe, die zu Pilz’ Rücktritt geführt haben, nicht geklärt: Da geht es nicht um jene erwähnte Grapsch-Affäre von 2013, die zum Rücktritt geführt hat. Sondern um den Vorwurf der mehrfachen sexuellen Belästigung, den eine ehemalige Mitarbeiterin von Pilz erhoben hat. Die junge Frau soll rund 40 Fälle sexueller Belästigung dokumentiert haben. Die Vorwürfe reichen von unpassenden Anreden wie "Schatzi" über Aufforderungen, das "Höschen einzupacken" und mit Pilz auf Urlaub zu fahren, bis hin zu unsittlichen Berührungen durch den 63-Jährigen Pilz.
Dieser bestreitet diese Vorwürfe vehement – und will auch klagen: "In meinem Vokabular kommt das an und für sich für mich nicht ungeheuerliche Wort 'Schatzi' nicht vor", hatte er erklärt. Er vermutet, dass es sich bei den Anschuldigen, um "Rache" seiner Ex-Partei handeln könnte. Rossmann pflichtet ihm da bei: "Wir vermuten schon, dass das von den Grünen kam, ohne hier jemand konkret zu verdächtigen", sagt er zum KURIER.
Auch sein neuer Klubkollege Peter Kolba mutmaßt via Facebook, dass Pilz "durch eine wohlkoordinierte Kampagne in den Medien unmöglich gemacht und dadurch zum Rücktritt veranlasst" worden sei.
Nun wird spekuliert, warum diese Affäre nicht schon früher bekannt wurde. Schon vor zwei Jahren, Ende 2015, hatte sich die Frau an eine Vertrauensperson im Grünen Klub gewandt, schließlich war Anzeige bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft erstattet worden. Diese sah die Vorwürfe der sexuellen Belästigung als begründet an.
Stigmatisierung
Am Sonntag erklärte Albert Steinhauser, der noch bis Donnerstag Klubchef der Grünen im Parlament ist, dass seine Partei sehr wohl an einer Klärung interessiert gewesen sei. Doch das mutmaßliche Opfer wollte die Vorwürfe nicht öffentlich machen, da sie eine "öffentliche Bloßstellung und Stigmatisierung" befürchtete. "Als Arbeitgeber sind wir an den Betroffenenschutz gebunden", so Steinhauser. "Das ist zu akzeptieren."