Politik/Inland

Profil der SPÖ "bis zur Unkenntlichkeit verzerrt"

Es ist ruhig geworden um die Initiative "Kompass" des Traiskirchner SPÖ-Bürgermeisters Andreas Babler. Als "Gegenbewegung" zur etablierten Sozialdemokratie hat er sie Ende Juni initiiert, weil die SPÖ "orientierungslos herumtreibt – und einen Kurswechsel braucht".

Abseits der Öffentlichkeit sind Babler & Co. rührig. Ein Sechs-Punkte-Programm haben er und seine Mitstreiter – Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger, SJ-Vorfrau Julia Herr sowie der oberösterreichische Betriebsrat Christian Buchinger (ein Bruder des Ex-Ministers) – formuliert. Der Inhalt: ihre Begehren – und Tadel für die Parteioberen rund um Werner Faymann.

"Die SPÖ muss ... wieder diejenige politische Kraft sein, die nicht nur die hohe Zahl an Arbeitslosen präsentiert und kommentiert, sie muss direkt die Interessen der arbeitslosen Menschen vertreten", heißt es da. Ebenso: "Die Abgehobenheit, die wir bei vielen unserer MandatsträgerInnen – vor allem an der Parteispitze – orten, trägt wesentlich zum großen Vertrauensverlust der Menschen bei." Zur Asylpolitik merken Babler und Genossen an: "Unsere Sozialdemokratie sitzt hier sprichwörtlich vor lauter Angst unter dem Tisch und scheint für dieses Thema kaum Konzepte und Antworten zu haben."

Hunderte Anhänger

700 Mitglieder habe die Plattform mittlerweile, sagt Babler dem KURIER – "aus allen Ebenen der Partei: Gewerkschafter, Hauptamtliche, Mandatare von Gemeinderäten bis zum Nationalrat, Ex-Landesräte und Ex-Bundesregierungsmitglieder."

Der ehemalige Sozialminister und jetzige Behindertenanwalt Erwin Buchinger ist mit von der Partie. "Ich bin dabei, weil die inhaltliche Erneuerung der SPÖ sehr wichtig ist. Ihr Profil hat sich in Richtung Beliebigkeit verschoben. Es ist bis zur Unkenntlichkeit verzerrt", diagnostiziert er via KURIER.

Was ihn besonders ärgert: "Es wird nicht konsequent gegen die steigende Arbeitslosigkeit vorgegangen. Dabei war Vollbeschäftigung immer eine der wichtigsten Zielsetzungen der Sozialdemokratie." Entsprechendes Engagement der Parteispitze vermisse er auch, "was die Einkommens- und Vermögensverteilung im Land anlangt. Der Fokus muss wieder auf die traditionellen Werte der SPÖ gerichtet sein: Solidarität und Gerechtigkeit."

Faymann soll gehen

Glaubt Buchinger, ob des "Kompass"-Drucks werde sich etwas in seinem Sinne ändern? "Ich bin nicht optimistisch, dass die Partei die Kraft findet, zu ihren Wurzeln zurückkehren." Dafür sei sie auch zu lange in der Regierung: "Und sie will um jeden Preis an der Macht bleiben." Faymann habe in den vergangenen Jahren "oft von sozialer Gerechtigkeit geredet, aber wenig getan, um das einzulösen. Er hat Glaubwürdigkeit eingebüßt."

Sollte Faymann als Parteichef abgelöst werden? Ja, meint Buchinger: "Wenn man das Profil schärfen will, wird es nicht ohne personelle Erneuerung gehen."