Politik/Inland

Polizisten wollen nicht Raucher-Sheriffs werden

Das generelle Rauchverbot ist vorerst vom Tisch. Umgesetzt werden soll hingegen ein anderes Nichtraucherschutzmodell, das vor allem Jugendliche betrifft. Unter 18 Jahren ist es demnach künftig nicht mehr erlaubt, im Raucherbereich eines Lokals zu sitzen. Auch das Rauchen im Auto in Anwesenheit von Minderjährigen soll verboten werden.

Mediziner und Umwelthygieniker Manfred Neuberger von der MedUni Wien fürchtet jedoch, dass diese Regelung nicht umgesetzt wird und nennt sie "Sebastian Kurz’ Feigenblatt": "Ich fürchte, dass das Gesetz nicht ausreichend exekutiert werden würde. Raucher-Sheriffs reichen dazu nicht aus. Die Polizei muss aktiv Kontrollen in Lokalen vornehmen, auch wenn das einen Mehraufwand an Personal bedeutet. Sonst wird das Gesetz von niemandem ernstgenommen." Neuberger erwartet sogar, dass diese Regelung das Rauchen für Jugendliche noch attraktiver machen würde: "Jeder Raucher ist eine lebende Werbereklame für die Tabakindustrie. Wenn Jugendliche nicht mehr Rauchen dürfen, suggeriert ihnen das nur, dass Rauchen ein Erwachsenenverhalten und daher erstrebenswert ist." Der Mediziner fordert, dass vor allem kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes die Polizei streng kontrolliert, also proaktiv Alterskontrollen in Lokalen durchführt.

Wie das genau ablaufen soll, steht derzeit freilich noch nicht fest. Als Positiv-Beispiel nennt der Mediziner Italien, wo die Carabinieri Raucher – zum Beispiel am Strand von Bibione – zur Kassa bitten. Wer von der ersten Sonnenschirmlinie bis zum Beginn des Meeres raucht, muss bis zu 500 Euro Strafe zahlen. Noch teurer wird es in Italien wenn man ein Zigarettchen im Auto genießt und dabei eine Schwangere oder Minderjährige mitfahren: Je nach Alter des Kindes kostet das den Raucher bis zu 5000 Euro Strafe.

Kritik der Gewerkschaft

Fern von jeglicher Realität ist dieses Modell laut dem obersten Polizeigewerkschafter. Reinhard Zimmermann zeigte sich dem KURIER gegenüber höchst verwundert: "Wer im Jahr 2017 so eine Forderung stellt, hat null Ahnung von der Polizeiarbeit. Sollen wir dann in Restaurants gehen und schauen, ob alle richtig sitzen?" Laut Zimmermann seien Raucher-Kontrollen mit dem derzeitigen Personalstand unmöglich. Außerdem gäbe es genug andere "Baustellen", die weitaus wichtiger sind: "Wir sind mit Terrorgefahr und vielen anderen Problemen konfrontiert. Soll es sich der Staat jetzt leisten, die Polizei als Raucher-Sheriffs einzusetzen? Das kann man nicht ernst nehmen."

Offiziell müsste die Exekutive bei einer entsprechenden Gesetzesänderung die Kontrollen natürlich durchführen. Ein Hauptgrund, warum es von offizieller Seite noch keine Stellungnahme dazu gibt, weder aus dem Innenministerium noch von Seiten der Polizei. BMI-Sprecher Karl-Heinz Grundböck beantwortet die KURIER-Anfrage nur wie folgt: "Man kann jetzt nicht sagen, wie viel Mehraufwand das für die Beamten wäre. Es gibt keine Untersuchungen."