Politik/Inland

Pikante Visite: Kurz bei Merkels kritischer Kronprinzessin

Jung, dynamisch, konservativ – und die große Nachwuchshoffnung der jeweils eigenen Partei: Julia Klöckner und Sebastian Kurz haben so einiges gemeinsam, wenn man ihre Biografien vergleicht.

Dass sie auch inhaltlich gut miteinander können, haben die beiden am Dienstag in Mainz unter Beweis gestellt. "Wir müssen den Zustrom an Flüchtlingen reduzieren, aber diejenigen, die bei uns bleiben können, bestmöglich integrieren", sagte Kurz (29) bei einer Podiumsdiskussion, zu der Klöckner ihn eingeladen hat. Die 43-jährige Rheinländerin, die nicht nur für ihren burschikosen Humor und als frühere Weinkönigin bekannt ist, ist da ganz auf seiner Linie: Sie hofft, dass Österreichs Außenminister ihrem Wahlkampf ein wenig Schwung verleiht – die CDUlerin kämpft derzeit darum, die Hausmacht in Rheinland-Pfalz zurückzuerobern.

Sinkende Umfragewerte

Dass sie dabei auf die Flüchtlingsthematik setzt, ist ihre sinkenden Umfragewerten geschuldet. Deshalb setzt Klöckner sich seit kurzem auch immer mehr von Angela Merkels Flüchtlingspolitik ab - obwohl sie zum Kreis ihrer Stellvertreter zählt. Die Einladung des österreichischen Außenministers ist da nur die letzte Absetzbewegung, die Klöckner in letzter Zeit vorgenommen hat – Kurz’ rigider Kurs in Sachen Flüchtlinge steht in Berlin derzeit ja nicht gerade hoch im Kurs.

Dass die Diskussion nun aber genau am vorläufigen Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen Wien und Berlin stattfindet, mag natürlich dem Zufall geschuldet sein – inhaltlich ist das für Merkels Kronprinzessin aber durchaus gewinnbringend. Sie fordert von der Kanzlerin schon länger nationale Lösungen. Sie hat sogar einen Plan vorgelegt, der dem derzeitigen Vorgehen Österreichs durchaus ähnelt; sie schlägt darin vor, Flüchtlinge nur mehr per Tageskontingent ins Land zu lassen.

Vorbild Österreich

Auf der Bühne hat man den Zwist aber dezent umschifft. Kurz hat in seiner Rede wohl thematisiert, dass Österreich an der Belastungsgrenze angekommen sei, aber ebenso betont, dass man eine gute Partnerschaft wünsche – und dass die Details des Konflikts in Brüssel zu besprechen seien. Und Klöckner gab sich ebenso konziliant – es wurde viel über das Vorbild gesprochen, das Österreich in Sachen Integration abgebe; die heiklen Themen Obergrenze und Kontingente hat Klöckner nicht mit besonderer Aufmerksamkeit versehen.

Das mag ein bewusster Schritt gewesen sein, um in Berlin nicht für noch mehr Irritation zu sorgen – schließlich saß neben Kurz auch Udo di Fabio am Podium; jener Verfassungsrechtler, der für die CSU gerade an einer Klage gegen die Bundesregierung werkt. Möglich auch, dass Angela Merkel ihrer kritischen Kronprinzessin bei ihrem Besuch am Vortag ins Gewissen geredet hat – aus Klöckners Wahlkampfteam hieß es jedenfalls nach der Veranstaltung, dass man sicherlich keine "Nebenaußenpolitik" betreiben habe wollen.

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