Politik/Inland

Peter Pilz: Der letzte grüne Gründervater geht

Einen Aktenordner nach dem anderen zieht er aus seinem Kasten. Die Beschriftung liest sich wie die Schmutzwäsche der Republik: Polizeiprotokolle von Einvernahmen, vertrauliche Unterlagen vom Korruptions-U-Ausschuss oder Eurofighter. 31 Jahre haben Peter Pilz und die Grünen davon profitiert, dass die Mächtigen des Landes keine weiße Weste hatten. Heute, Mittwoch, zog Pilz den engültigen Schlussstrich zumindest unter das grüne Kapitel.

Gegen 13 Uhr machte er noch eine Runde bei seinen ehemaligen Parteikollegen, schleppte die letzte Kiste in den Umzugswagen und dann ging es Richtung neues Büro in Wien-Wieden.

So einfach geht das nach 31 Jahren? "Heute bin ich richtig zufrieden. Die ersten Kandidaten für die neue Liste habe ich schon gewinnen können", so Pilz. Offiziell will Pilz erst kommende Woche bekannt geben, ob er mit einer eigenen Liste antritt oder nicht. Aber alle Zeichen stehen auf Kandidatur.

Bewegte Laufbahn als "Aufdecker der Nation"

Mit Pilz Abgang geht eine Ära zu Ende.

Sebastian Kurz war gerade erst geboren, da zog Peter Pilz als Grüner Abgeordneter in den Nationalrat ein. Das war 1986. Der 63-jährige Steirer saß also fast sein halbes Leben im Grünen Klub, unterbrochen nur durch einen mehrjährigen Abstecher in den Wiener Gemeinderat. Von 1992 bis 1994 war er sogar Bundessprecher der Partei, die sich damals noch "Grüne Alternative" nannte.

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Seine Nominierungen bei den Grünen Bundeskongressen, die nach dem basisdemokratischen Prinzip ablaufen, waren schon früher Zitterpartien. Vor der letzten Nationalratswahl 2013 landete Pilz gerade noch auf der Liste, musste sich aber aus dem Parteivorstand zurückziehen.
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Eva Glawischnig und Pilz waren sich nicht immer "grün". Die Parteichefin zeigte sich von seinen Alleingängen genervt, auch um die Parteilinie gab es oft Streit. Nach Pilz' Meinung müssten die Grünen einen kantigen, linkspopulistischen Kurs fahren. Eine Kritik, die er nach seiner Abwahl beim Bundeskongress Ende Juni wiederholte.

Pilz' Verdienste sind dennoch unbestritten. Der Steirer agiert seit Jahren als Aufdecker im Kampf gegen Korruption und verfügt über beste Kontakte zu Polizei, Heer und Geheimdiensten. Kritisiert wurde er dabei für seinen Hang zur Selbstinszenierung, seinen Verschwörerton und die Tendenz, als Kläger und Richter gleichzeitig aufzutreten.

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Seine bisher größte Rolle spielte er als Vorsitzender des ersten Eurofighter-Ausschusses 2007. Zehn Jahre später wurde der U-Ausschuss wiederholt, wegen der Neuwahl im Oktober aber vorzeitig beendet. Erste öffentliche Sporen als Aufdecker verdiente sich Pilz in den Affären "Noricum" und "Lucona" im Jahr 1988.

Pilz war Entdecker Van der Bellens

Was viele schon vergessen haben: Peter Pilz hat den heutigen Bundespräsidenten entdeckt. Alexander Van der Bellen war Uni-Professor und betreute die Dissertation ("Ökonomische Bedeutung der Einführung neuer Medien in Österreich", 1983) des damals 29-jährigen Peter Pilz, der ihn später zur Partei holte.

Van der Bellen, der bis Ende der 1980er-Jahre SPÖ-Mitglied war, beschrieb seine Wandlung zum Grünen später so, dass er „von einem arroganten Antikapitalisten zum großzügigen Linksliberalen" geworden sei. 1997 wurde Van der Bellen Grünen-Chef, 2017 Bundespräsident.

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Politische Anfänge hatte der gebürtige Kapfenberger und Hobbymusiker - es gab legendäre Vorweihnachtsauftritte als "Nick O'Low" - bei den Trotzkisten an der Universität, aber auch den Sozialdemokraten. Der spätere Wiener Bürgermeister Michael Häupl schloss ihn damals aus dem Verband der sozialistischen Studenten aus.

Zur Person:

Peter Pilz wurde am 22. Jänner 1954 in Kapfenberg (Steiermark) geboren. Er ging in Bruck an der Mur ins Gymnasium, war Zivildiener und studierte an der Uni Wien Volkswirtschaft. 1986 zog er mit den ersten Grünen in den Nationalrat ein.

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Peter Pilz wohnt seit Jahren in einer Gemeindebauwohnung in Wien-Kaisermühlen und ist verheiratet.