Politik/Inland

Offene Grenzen: EU will Schengen retten

War das bloß ein Ausrutscher? Papst Franziskus spricht von einer "arabischen Invasion" als einer "sozialen Tatsache". Auch wenn er ergänzte, dass aus der Flüchtlingskrise auch neue Chancen erwachsen, stärken solche Aussprüche gewollt oder ungewollt das Lager der Zaunbauer und Flüchtlings-Abweiser in Europa. Und dieses Lager wird täglich größer, nur noch wenige halten eisern dagegen.

"Der Gipfel am Montag wird ganz entscheidend sein", appellierte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Freitag einmal mehr an die Staatschefs, eine europäische Antwort auf die Flüchtlingsfrage zu finden: "Alles, was wir erreicht haben in 60 Jahren steht auf dem Spiel. Ein Zusammenbruch von Schengen wäre der Anfang vom Ende des europäischen Projekts."

Das ist vielen Spitzenpolitikern Europas bewusst, dennoch nimmt das Tauziehen mit den Befürwortern einseitig nationaler Lösungen kein Ende. Wie zur Illustration fanden am Freitag zwei sehr ungleiche Treffen statt.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel versuchte in Paris mit Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande die Weichen für den montäglichen Gipfel und den wichtigen Deal mit der Türkei (mehr Abschiebungen, Kampf den Schleppern etc.) zu stellen. Merkel sagte: "Einseitige Lösungen helfen uns nicht weiter." – "Die Antwort auf die Flüchtlingsfrage heißt: Europa", sagte Hollande.

Zeitgleich war Merkels innerdeutscher Kritiker, CSU-Chef Horst Seehofer, bei Ungarns Premier Viktor Orban zu Gast. Dessen Motto lautet: "Lieber allein handeln, als gemeinsam die Hände in den Schoß legen." Und Seehofer lobte demonstrativ die Grenzschließungen entlang der Balkanroute – ausgehend von Österreich. So sinke der Flüchtlingsdruck auf Deutschland, freut er sich.

EU-Fleckerlteppich

Zeitgleich präsentierte die EU-Kommission in Brüssel Pläne, um Schengen – das Europa der offenen Grenzen – zu retten. Bis spätestens Jahresende soll das Schengen-System wieder hergestellt und die zwischenstaatlichen Grenzkontrollen abgeschafft sein. Brüssel rechnet jährliche Kosten für die Wirtschaft von bis zu 18 Milliarden Euro durch die Grenzkontrollen vor. Kommissions-Vize Frans Timmermans sagte: "Unser Ziel ist, die internen Grenzkontrollen so rasch wie möglich abzuschaffen." Es müsse "Schluss mit dem Fleckerlteppich einseitiger Entscheidungen" sein.

Für offene innere EU-Grenzen soll vor allem Griechenland seine Anstrengungen zum Schutz der Außengrenze verstärken. Die Kommission setzt Athen eine Frist bis Mai zur Registrierung ankommender Flüchtlinge. In Griechenland sitzen jetzt schon rund 32.000 Flüchtlinge fest, seitdem die Grenze zu Mazedonien bei Idomeni mehr oder weniger geschlossen ist. Das dortige provisorische Lager (mit rund 12.000 Flüchtlingen) ist nach Regenfällen jetzt auch noch stark verschlammt, bei sehr niedrigen Temperaturen in der Nacht. Das UN-Flüchtlingshilfswerks warnt davor, dass sich die Lage in Idomeni rasch verschlimmern könnte.