Politik/Inland

ÖVP-Frauen fordern Klubchef in Wien

"Was in Oberösterreich passiert ist, das war nicht stimmig!" Als Reinhold Mitterlehner jüngst vor einer Hundertschaft an ÖVP-Funktionären über die neue Landesregierung seines Heimatbundesland sprach, da machte er aus seiner Enttäuschung keinen Hehl: Man könne sich als Partei nicht "Jung, modern und weiblich" auf die Fahnen heften – und es dann nicht konsequent vorleben.

Der Vizekanzler ist in der Volkspartei beileibe nicht allein mit dieser Ansicht.

Denn obwohl die ÖVP-Frauen heute, Freitag, ihr 70-jähriges Bestehen zelebrieren, gibt sich deren Chefin Dorothea Schittenhelm mehr kämpferisch, denn zufrieden: "Allein, dass wir 2015 als Partei noch sagen müssen, dass wir uns um die Frauen kümmern wollen, ist doch ein Armutszeichen. Das sollte in der ÖVP eine Selbstverständlichkeit darstellen."

Nun könnte man einwenden: Eine regionale Landesregierung, die ohne weibliche Teilnehmer auskommt, spiegelt ja noch nicht zwingend das Frauenbild der Volkspartei wider. "Und zudem fühlen sich Frauen nicht automatisch von Frauen angesprochen", sagt Politologe Peter Filzmaier .

Benachteiligung mit System

Für Schittenhelm hat die Benachteiligung der Frauen partei-intern dennoch System. Sie macht das am aktuellsten Beispiel, der Neu-Aufstellung in Wien, fest: "Hier droht dasselbe wie in Oberösterreich", sagt Schittenhelm zum KURIER. Nachdem sich die Stadt-ÖVP einen neuen Parteichef und Landesgeschäftsführer geholt habe, würde auch der Klubchef aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem Mann besetzt. "Ich hätte mir von Gernot Blümel (neuer Parteichef) erwartet, dass er eine Frau wählt. Es gibt genug Frauen, die das können und wollen".

Dies entspräche zudem dem von der ÖVP gepriesenen Leistungsprinzip. "Es waren vier Frauen, die in Wien die besten Ergebnisse erzielen konnten."

Nicht nur aus inhaltlichen, sondern aus wahltaktischen Gründen täte die ÖVP gut daran, sich mehr um die Frauen zu kümmern. Der Grund: Hier hat sie Potenzial.

"Die Landtagswahlen in Tirol, Oberösterreich und Vorarlberg haben gezeigt, dass die ÖVP überdurchschnittlich von weiblichen Wählern profitieren konnte", sagt Filzmaier. Das Problem: Die angesprochenen Wählerinnen sind großteils jenseits der 60. "Derzeit profitiert die ÖVP noch von der demografischen Entwicklung – die Menschen werden älter." Die ÖVP nutze das bürgerliche Milieu bei jungen, die sich mehr von SPÖ, Neos oder Grünen angesprochen fühlen, nicht. "Noch ist die ÖVP auf Platz 2", sagt Filzmaier. Mit mehr Frauen könnte sich das ändern.