"Österreichs Arbeitsmarkt verträgt eine Öffnung für Kroatien nicht"
Von Michael Bachner
Seit Tagen streiten Regierung und SPÖ heftig über die Ausweitung der sogenannten Mangelberufsliste.
Mit diesem Vehikel wollen ÖVP und FPÖ mehr EU-Drittstaatsangehörige ins Land holen, um den in manchen Branchen und Bundesländern herrschenden Mangel an bestimmten Arbeitskräften zu beheben – etwa im Tourismus.
Die SPÖ warnt vor der Zuwanderung von Billigarbeitskräften, die den heimischen Arbeitsmarkt massiv unter Druck bringen würden. Es würden schließlich "keine Raketenwissenschafter, sondern Fensterputzer" geholt, argumentiert SPÖ-Chef Christian Kern.
Bei Kroatien muss die Regierung heuer Farbe bekennen, wie ernst es ihr damit ist.
FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein ist im Grunde dafür, die Arbeitsmarkt-Übergangsfristen mit Kroatien ein letztes Mal um zwei Jahre zu verlängern.
Kroatien ist am 1. Juli 2013 der EU beigetreten. Am 1. Juli 2018 würde die Arbeitsmarkt-Hürde für Kroatien fallen, so die Regierung in Brüssel nicht dagegen vorgeht. Erlaubt die EU-Kommission die nochmalige Verlängerung, würde die volle Freizügigkeit für Kroaten also erst ab dem 1. Juli 2020 gelten.
Hartinger-Klein sagte zu einem entsprechenden KURIER-Bericht: "Wir erwägen die Übergangsfrist mit Kroatien von sieben Jahren voll auszuschöpfen. Der österreichische Arbeitsmarkt verträgt derzeit die völlige Öffnung für Arbeitnehmer aus Kroatien nicht. Wir müssen Rücksicht auf 400.000 Arbeitslose in Österreich nehmen. Wir werden das auch rechtzeitig bis zum 30. Juni bei der EU-Kommission in Brüssel beantragen und entsprechend begründen."
Ob sie sich durchsetzt, ist offen. Die Frage wird koalitionsintern geprüft. Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal sagt zum KURIER: "Die Bundesregierung erwägt eine Verlängerung der Frist, die derzeit geprüft wird. Die Sozialministerin wird zeitgerecht eine entsprechende Begründung ausarbeiten und der Europäischen Kommission mitteilen."
Brüsseler Sicht
Verfahrenstechnisch gesehen wäre die Verlängerung der Ausnahmeregelung um weitere zwei Jahre für die Regierung keine große Sache. Die EU-Kommission müsste nur die Weiterführung der bestehenden Übergangsregelung genehmigen, heißt es in Brüssel. Bei entsprechend fundierter Begründung Österreichs – was angesichts der Pläne zur Ausweitung der Mangelberufsliste nicht trivial ist – wird nicht mit großem Widerstand zu rechnen sein. Theoretisch könnte die Kommission zwar dagegen vorgehen. Doch in der Regel, schildert ein mit der Sache vertrauter Insider, "würde das so lange dauern, dass es sich im Grunde gar nicht auszahlt."