Politik/Inland

"New Here": Ein ganzer Stadtplan speziell für Flüchtlinge

Behördenwege können ja selbst für Österreicher eine echte Herausforderung darstellen. Ungleich schwieriger wird es da, wenn man nicht nur die Sprache nicht kann, sondern auch noch gleich mit einem anderen Alphabet konfrontiert ist.

Auftritt "New Here" – ein interaktiver Stadtplan, auf dem die wichtigsten Informationen und Hilfestellungen verortet sind, damit sich Flüchtlinge in Wien zurechtfinden können – und zwar ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein.

Hilfe zur Selbsthilfe

"Wir haben gemerkt, dass es wahnsinnig viele Angebote und Initiativen für Flüchtlinge gibt. Aber Informationen dazu waren oft kaum zu finden", erklärt die Politikwissenschaftlerin Anna Müller-Funk, eine der Initiatorinnen des Projekts.

Mit „New Here“ können nun von der Farsi-sprechenden Ärztin bis zum Standort der Magistratsabteilung 35 (für „Einwanderung und Staatsbürgerschaft“) alle relevanten Anlaufstellen für Flüchtlinge auf einen Blick erfasst werden. Dazu kommen zahlreiche Sport- und Freizeitangebote, Altkleidersammlungen, Essensausgaben, oder besonders günstige Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf.

Einfache Bedienbarkeit

Der Stadtplan basiert auf einer von 23° (www.23degree.org) entwickelten Softwarelösung, die auch in jeder anderen Stadt Europas einfach implementierbar ist. Eine leicht zu bedienende Eingabemaske ermöglicht es NGOs, Behörden, Bildungseinrichtungen und anderen Organisationen, den Stadtplan mit ihren Angeboten zu befüllen. Auch Privatpersonen können - nach einer Überprüfung durch das Team von "New Here" ihre Angebote online stellen.

Ein simples System – mit erstaunlicher Resonanz: Rund 1.000 Angebote sind bisher verzeichnet. Was derzeit besonders gefragt ist? "Ganz klar vor allem Deutschkurse", sagt Müller-Funk. In einer Kooperation mit der Volkshochschule Wien arbeite man deshalb gerade daran, vorhandene Angebote noch besser zu erfassen.

Die wichtigsten Informationen sind in fünf Sprachen – neben Deutsch, Englisch und Französisch sind das auch Farsi und Arabisch – ausgewiesen. Um Barrieren für die Nutzung zu minimieren, sind die einzelnen Bereiche wie "Wohnen" oder "Asyl" dazu mit eigens designten Piktogrammen visualisiert.

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Freiwilligen-Projekt

Umgesetzt werden konnte dieser interaktive Stadtplan vor allem durch die engagierte Arbeit von Dutzender Freiwilliger. "Nur unserem Programmierer mussten wir irgendwann mal was zahlen, das war einfach nicht mehr vertretbar, so viel wie der gearbeitet hat“, lacht Müller-Funk. Über die Crowdfunding-Plattform Respekt.net konnten 6.590 Euro lukriert werden, finanzielle Unterstützung gab es zudem von der Stadt Wien.

Das Kernteam besteht aus 15 Leuten. Dazu kommt die Arbeit von Übersetzern und Programmierern – viele von ihnen haben selbst Migrationshintergrund. "Auch die Arbeit am Projekt könnte man wohl als ‚best practice‘ Beispiel beschreiben", sagt Müller-Funk. Dass Flüchtlinge von Anfang an in das Projekt integriert waren, mache sich jetzt bei der Usability bezahlt. "Im Deutschen wollten wir am Anfang die korrekte Schreibweise für beide Geschlechter verwenden. Dass das für jemanden, der gerade Deutsch die Sache nicht gerade erleichtert, hatten wir nicht bedacht."

Seit 20. Juni ist "New Here" nun online (www.newhere.at). An einer eigenen APP, in der die Inhalte auch offline abrufbar sind, wird gerade gearbeitet. Ein (möglicherweise) wichtiger Meilenstein für das Projekt steht Anfang Oktober an. Dann sind Anna Müller-Funk und ihr Team eingeladen, "New Here" bei der sogenannten "Week of Regions" im Europaparlament zu präsentieren. Vielleicht profitieren also bald Flüchtlinge in ganz Europa von dem freiwilligen Engagement einiger Wiener.