Politik/Inland

Budgetdebatte: Kickl bezeichnet Finanzminister als "Demenzpatienten"

Am Dienstag startete die Budgetdebatte im Nationalrat - doch diese war von Anfang an geprägt von der Corona-Krise - und scharfer Kritik der Opposition an der Regierung. 

Die Auseinandersetzung gipfelte in einer teils untergriffigen Rede von FPÖ-Klubchef Herbert Kickl - und umgehendem scharfen Tadel der Grünen Klubchefin Sigrid Maurer.

Scharf, aber durchaus sachlich kritisierte als Erste SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner Budget und Regierung: Das Budget hätte in der "größten Wirtschafts- und Arbeitsmarktkrise der Zweiten Republik" eine "Kampfansage gegen Arbeitslosigkeit" sein müssen - zumal durch den zweiten Lockdown der Verlust weiterer "10.000, ja 100.000er Arbeitsplätze" drohe.

Die Regierung hätte "die große Verantwortung", die Arbeitslosigkeit mit "wirklich allen Mitteln zu bekämpfen". Ansätze dafür gebe es im Budget, aber sie würden der Dimension der Krise nicht gerecht.

Das Budget sei "leider nicht" die nötige "starke und mutige Zukunftsansage, die Vertrauen schafft und Unsicherheit nimmt" - stattdessen würden Steuersenkungen verschoben, Pensionen mit der Abschaffung der Hacklerregelung gekürzt und "in der größten Gesundheitskrise seit 100 Jahren" Geld für die Spitäler gekürzt, kritisierte Rendi-Wagner.

"Kampf um jedes Menschenleben"

Für ÖVP-Klubchef August Wöginger steht das Budget sehr wohl im Zeichen des "Kampfes um jedes Menschenleben, um jeden Arbeitsplatz und um jeden Betrieb".

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) habe ein "solides Fundament" vorgelegt, um - unter diesen "ganz schwierigen Voraussetzungen" - die Herausforderungen erfolgreich meistern zu können, betonte Wöginger unter Hinweis u.a. auf die 29 Mrd. Euro für Arbeitsmarktpolitik heuer und nächstes Jahr.

"Jüngster Demenzpatient Österreichs"

Ganz anders klang es dann bei FPÖ-Klubchef Herbert Kickl: Die Regierung habe "auf gesamter Linie versagt", sie sei ein "einziges Verantwortungsflüchtlingslager" - vor dem islamistischen Terror, Covid-19, Schulchaos und solider Budgetplanung -, zeige "null Prozent Verantwortung bei 100 Prozent Gehalt".

Das Budget nannte Kickl den "zahlenmäßigen Beweis für das Chaos, das Sie in Österreich stiften" - und Finanzminister Blümel den "jüngsten Demenzpatienten Österreichs". Der wiederholten Aufforderung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), das zurückzunehmen, kam er nicht nach, er bekam einen Ordnungsruf. Einen zweiten trug ihm ein, dass er der Regierung vorwarf, in "ihren Sudelküchen" Sozialabbau vorzubereiten.

"Niveau ist unterirdisch"

Das wollte die Grüne Klubchefin Sigrid Maurer so nicht stehen lassen: "Das Niveau, das sie hier zeigen, Herr Kickl, ist so unterirdisch im Vergleich zu anderen Fraktionen", sagte sie. Kritik sei natürlich der Job der Opposition, aber so wie Kickl sie vorbringe liege er "unter jeder Niveaugrenze, die es irgendwie geben kann in diesem Haus".

Kickls Rede nicht nur "beschämend", sondern "doppelt beleidigend" gewesen - für die Regierung, aber auch für Menschen, die in Flüchtlingslagern leben müssen, und "extrem diskriminierend" gegenüber Menschen, die unter Demenz leiden. Dafür erhielt Maurer lange anhaltenden Applaus.

Die stv. ÖVP-Klubchefin Gaby Schwarz forderte - in einer Aussendung - "mit Ablehnung und Entsetzen" eine Entschuldigung Kickls bei den demenzkranken Menschen und ihren Angehörigen.

Maurer widmet sich auch dem Budget selbst - und freute sich als Grüne vor allem darüber, dass das "grüne Budget" 2021 nicht nur die Bewältigung der Coronakrise ermögliche, sondern auch die "Chance zur ultimativen Trendwende" für die "noch viel größere" Klima-Krise sei. Es würden die richtigen Schwerpunkte gesetzt für eine "lebenswerte Zukunft in einer intakten Umwelt".

"Budget ist auf Sand gebaut"

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger sieht hingegen in diesem Budget "von Zukunft nichts, gar nichts". Vorgelegt vor einem Monat, sei es "auf Sand gebaut". Der zweite harte Lockdown treffe jetzt die Menschen, vor allem auch die Unternehmer und die Jungen, mit voller Wucht, die Situation sei "dramatisch" - und letztlich würden es die Steuerzahler mit ihrem Steuergeld ausbaden müssen.

Nach dem "Krisenmodus" 2020 müsste mit dem Budget 2021 ein Schritt Richtung Zukunft gesetzt, "der Zukunfts- und der Konjunkturmotor angeworfen" werden - aber die nötigen großen Reformen würden nicht gemacht. Also gab Meinl-Reisinger dem Budget "leider ein Nichtgenügend".

"Aktuellst möglicher Budgetentwurf"

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wies den Oppositionsvorwurf zurück, dass das diese Woche im Nationalrat zu beschließende Budget nicht aktuell sei. Anfang November habe man angesichts der Corona-Entwicklung auf Basis einer neuen Prognose die Zahlen adaptiert. Per Abänderungsantrag wird das Defizit von 21 Mrd. auf 22,6 Mrd. Euro nach oben korrigiert - und damit "ist es der aktuellst mögliche Budgetentwurf".

Die Corona-Hilfen würden noch heuer ausbezahlt, also betreffen sie das Budget 2020 und nicht das für 2021. Aus dem Budget 2020 könne man sie finanzieren, "weil wir ausreichend vorgesorgt haben", betonte Blümel - und verteidigte den Lockdown als "mühsam aber notwendig", um den Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern.

Für die Regierung gehe es jetzt darum, "Menschenleben zu retten, Arbeitsplätze zu sichern und die Unternehmen durch diese Krise zu begleiten". Dies geschehe auch mit dem Umsatzersatz für den zweiten Lockdown: Dazu gibt es bereits 30.000 Anträge mit über 900 Mio. Euro Volumen, die ersten 180 Mio. sind schon ausbezahlt, berichtete der Minister.

"Trotz Krise viel investiert"

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) strich hervor, dass Tourismus, die Freizeitwirtschaft und die Veranstaltungsbranche besonders hart von der Corona-Krise getroffen würden. Trotzdem würde in diesen Bereichen viel investiert - und dem werde mit der Covid-Investitionsprämie und der Erhöhung des Haftungsrahmens für die Österreichische Hotel- und Tourismusbank ÖHT Rechnung getragen.

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) freute sich über das "Zukunftsbudget", das mehr Geld als je zuvor für den Klimaschutz biete. Es sei aber nur ein "Sprungbrett", für das Ziel Klimaneutralität 2040 brauche man noch "viele weitere Schritte", an denen selbstverständlich gearbeitet werde.