Wiener Grüne: Vassilakou warnt vor "Selbstlähmung"
Die Wiener Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) hat am Freitag im Interview mit der APA scharfe Kritik an jenen Funktionären geübt, die ihren Rückzug verlangen - und eingestanden, dass sie die Aktion betroffen macht: "Natürlich trifft mich das, wenn wir uns durch gegenseitiges Misstrauen selbst lähmen." Sie sieht nun aber auch als Möglichkeit zur Klärung, wie sie betonte.
>> Grüne Rufe nach Rücktritt Vassilakous
Hinter dem jüngsten Vorstoß steckt einer der lauteste Kritiker des - von Vassilakou unterstützten - Heumarkt-Hochhausprojekts: Alexander Hirschenhauser, der Klubchef der Grünen in der Inneren Stadt.
>> Empörung über Parteirebellen, die Vassilakou loswerden wollen
In der Begründung wird unter anderem festgehalten: "Die Wiener Grünen haben nicht erst mit der Nationalratswahl massiv an Glaubwürdigkeit verloren." Deren Politik werde etwa in den Bereichen Stadtentwicklung oder Bürgerbeteiligung von den Wählern nicht mehr unterstützt. "Das Politikverständnis der Grünen in der Koalitionsarbeit war nicht in der Lage, die eigene Identität gegenüber der SPÖ deutlich zu kommunizieren und sichtbar zu machen. Wir haben keinen Kompass und keine roten Linien", befinden die Kritiker. Nun stehe eine "Neugewichtung" der Politik an, wobei auch die personelle Führung Verantwortung für Fehler übernehmen müsse.
"Ich weiß nicht, ob es gut ist, für Chaos und Zerstörung zu sorgen"
"Unsere Stadt hat andere Probleme"
"Am Ende des Weges steht jeder zur Diskussion, auch ich selbstverständlich", sagte die Rathaus-Politikerin: "Bis dahin dreht sich die Welt aber weiter. Unsere Stadt hat andere Probleme." Wichtig sei nun etwa, Wien - angesichts einer bevorstehenden schwarz-blauen Bundesregierung - als weltoffene Stadt, als Stadt der Menschlichkeit zu positionieren. "Hier gibt es Arbeit zu erledigen. Als Vizebürgermeisterin möchte ich meinen Beitrag dazu leisten."
"Meine Hand ist ausgestreckt"
Vassilakou versicherte, dass sie den Kritikern jederzeit Rede und Antwort stehe: "Meine Hand ist ausgestreckt." Dass die Aktion zu den "Spätfolgen" des Eislaufverein-Projekts gehöre, sei ihr klar. Sie werde aber keinesfalls versuchen, zu verhindern, dass der Antrag zu Abstimmung kommt.
Formell kann Vassilakou nicht von der Grünen Landesversammlung ihres Amtes enthoben werden. Denn als Stadträtin wird sie vom Gemeinderat gewählt. Allerdings stimmt die Basis der Grünen üblicherweise sehr wohl darüber ab, wer für einen solchen Posten kandidieren soll. Parteifunktion hat Vassilakou keine. Auch gibt es in der Wiener Landesgruppe keinen Obmann bzw. keine Obfrau.
Die Grüne Bundespartei sowie andere Landesorganisationen wollten die jüngste Diskussion um eine Rücktrittsaufforderung an die Wiener Grünen-Chefin Maria Vassilakou nicht kommentieren. Man solle lieber intern kommunizieren, hieß es auf Anfrage der APA.
Parteichef Werner Kogler, er wurde nach dem Desaster bei der Nationalratswahl Bundessprecher, war am Freitag nicht erreichbar, ließ nur ausrichten, dass er die Causa nicht kommentieren werde. Ähnlich klang dies auch in mehreren Landesorganisationen.
Die Landessprecherin der Grünen Burgenland Regina Petrik erklärte: "Es reden jetzt so viele Leute öffentlich darüber, dass ich meine Energie lieber darauf setze, intern zu kommunizieren und zu schauen, wie sich die Grünen neu aufstellen können", teilte Petrik mit.
Der steirische Grünen-Chef Lambert Schönleitner meinte, dass solche Personaldebatten zum jetzigen Zeitpunkt "alles andere als professionell" sind. Man müsse endlich "die Botschaft des Wählers verstehen", und über die momentan wichtigeren Themen wie eigene Struktur und Strategie diskutieren. Es habe keinen Sinn, solche Personaldebatten zu führen und schon gar nicht einen Konflikt wieder "am Balkon auszutragen". Diese Fehler dürften nicht mehr gemacht werden, denn diese hätten auch zum Wahlergebnis geführt. "Es ist an der Zeit, das nicht mehr zu tun."
"Wir sehen keine Veranlassung, uns zur Kritik eines Wiener Grünen-Mandatars an Vassilakou zu äußern", erklärte der Landesgeschäftsführer der niederösterreichischen Grünen, Hikmet Arslan. "In den Bundesländern haben wir den Ernst der Lage erkannt und dementsprechend werden die anstehenden Wahlkämpfe vorbereitet. Interna der Wiener Grünen ändern daran nichts."
Vorarlbergs Landessprecher Johannes Rauch sagte gegenüber der APA, er werde sich hüten, "von Vorarlberg aus, interne Vorgänge der Wiener Grünen öffentlich zu kommentieren". Allerdings sei er "sehr dafür", gerade jetzt in einer äußerst schwierigen Situation nicht weiter öffentlich kontroversielle Debatten anzuzetteln. "Familienstreitigkeiten auf dem Balkon auszutragen, ist keine gute Idee", sagte der Grünen-Chef.
Auch der Kärntner Landesrat Rolf Holub sprach sich für interne Diskussionen aus: "Wir sind nicht gewählt worden, um Österreich mit Personaldebatten zu unterhalten, sondern um zu arbeiten. Am wichtigsten ist daher für mich die sachliche und gute Arbeit, die wir Grünen für die Österreicherinnen und Österreicher leisten." Dies gelinge auch sehr gut, verwies er etwa auf die Umsetzung des Energiemasterplans oder den Einsatz für Umwelt- und Klimaschutz: "Dafür gibt es einen klaren Auftrag von unseren Wählern." Die Grünen befinden sich in einer Phase der Neuorientierung, dazu gehören auch unterschiedliche Diskussionen. Es sei wichtig, dass es für diese auch Raum gebe, die Gespräche sollten aber intern geführt werden, so Holub.
Die Salzburger Grünen wollten die Situation in Wien nicht kommentieren, ebenso wenig die Tiroler und die oberösterreichische Landesorganisation.