Politik/Inland

Nach Mindestsicherung wird auch Arbeitslose gekürzt

Nach dem Startschuss für die Zusammenlegung der 21 Sozialversicherungsträger geht die Regierung den Polit-Dauerbrenner Mindestsicherung an. Das rote Wien wurde von Schwarz und Blau wegen der Explosion der Kosten ja stets scharf kritisiert – schuld war freilich der starke Zuzug.

Türkis-Blau will die Mindestsicherung vereinheitlichen und bei 1500 bis ca. 1650 Euro (je nach Kinderzahl) deckeln. Auf diese Weise soll der Anreiz für Flüchtlinge nach Österreich zu kommen, reduziert werden. Anspruch auf die volle Höhe der Mindestsicherung sollen nur Menschen haben, die schon fünf Jahre lang in Österreich leben.

So soll der Trennstrich zwischen Einheimischen und Zugezogenen gezogen werden, der auch einer Überprüfung durch das Höchstgericht standhält – in Niederösterreich wurde die Deckelungsregelung ja vom VfGH gekippt. Details dazu soll es im Rahmen der Regierungsklausur am Sonntag und Montag in Mauerbach bei Wien geben. Primär widmet sich die Klausur dem bevorstehenden EU-Ratsvorsitz.

Hintergrund: Die Mindestsicherung hat 2010 die Sozialhilfe ersetzt. Einige Jahre gab es eine bundesweit einheitliche Regelung auf Basis einer Bund-Länder-Vereinbarung, die Ende 2016 ausgelaufen ist – nicht zuletzt wegen Differenzen zwischen den Ländern.

Nun unternimmt Türkis-Blau den neuerlichen Reform-Anlauf und will per Grundsatzgesetz den an und für sich zuständigen Ländern einen Rahmen vorgeben. Dieser gilt dann auch für Wien, Spielraum für Länder gibt es bei den Wohnzuschüssen.

In weiterer Folge geht die Regierung im Herbst das „Arbeitslosengeld neu“ an, bei dem u.a. die Notstandshilfe abgeschafft werden soll. Außerdem wird das Arbeitslosengeld künftig degressiv gestaltet. Das heißt, es wird Monat für Monat weniger, um den Druck zu erhöhen, möglichst rasch wieder zu arbeiten. Dafür wird es im Gegenzug für jene Arbeitnehmer, die sehr lange eingezahlt haben, auch länger ausbezahlt.

Weniger, aber länger

Dem Vernehmen nach dürfte es künftig für jedes Arbeitsjahr zwei bis drei Monate länger Arbeitslosengeld geben. Wer also z.B. zehn Jahre gearbeitet und eingezahlt hat, soll künftig bis zu 30 Monate oder zweieinhalb Jahre die Arbeitslosenunterstützung bekommen. Details werden noch verhandelt.

Klar ist aber: Weil es künftig keine Notstandshilfe mehr geben soll, die bisher nach dem Arbeitslosengeld unbefristet ausbezahlt wird, rutschen diese Menschen dann in die Mindestsicherung.

Das Problem dabei: Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sind Bundessache , die Mindestsicherung aber Kompetenz der Länder.

Fällt die Notstandshilfe, wird es mehr Menschen in der Mindestsicherung geben. Natürlich pochen die Länder darauf, dass ihnen allfällige Mehrkosten abgegolten werden. Schätzungen sprechen von 100 bis 200 Millionen Euro. Der Bund hat die Kostenübernahme zwar schon zugesagt, analog zum Pflegeregress dürfte auch hier um die tatsächlichen Kosten noch wild gefeilscht werden.

Im Finanzministerium kursiert die Ansicht, von den Ländern gar Geld zurückzubekommen. Schließlich werde die neue Mindestsicherung wesentlich günstiger und insbesondere das Budget der Bundeshauptstadt massiv entlastet: „Wien wird sich noch bei uns bedanken.“