Politik/Inland

Plagiate: Masterarbeiten zum Schleuderpreis

"Ich gehe aufgrund der bei mir zur Plagiatsprüfung eingereichten Werke von 10 bis 30 Prozent unsauberen Arbeiten und von einem bis fünf Prozent an Arbeiten aus, die erhebliche Plagiatsstellen enthalten", erklärte der Autor und "Plagiatsjäger" Stefan Weber im KURIER am Sonntag. Der Vorwurf wiegt schwer, die offiziellen Zahlen der Universitäten, wie oft Plagiate oder Verdachtsfälle in den vergangenen zehn Jahren aufgetreten sind, offenbaren ein Problem. Es sind nämlich sehr viel weniger, als Experten wie Weber schätzen (siehe Grafik oben). Es spricht alles für eine sehr hohe Dunkelziffer.

Worum geht es? Wer einen akademischen Grad erhalten oder eine akademische Laufbahn an einer Universität einschlagen will, muss meist auch wissenschaftliche Arbeiten verfassen. Dabei ist es verboten, Arbeiten zu fälschen, was vor allem in Form von Plagiaten vorkommt. Ein Plagiat ist die Übernahme von Inhalten, Texten oder auch nur Ideen ohne Angabe der Quelle, eben so die Übersetzung eines Textes ohne Quellenangabe, der als eigene Leistung ausgegeben wird.

Nicht erst seit dem Auffliegen von Plagiaten von (deutschen) Politikern wie Karl-Theodor Guttenberg oder Annette Schavan sind die Universitäten alarmiert. Seit einigen Jahren ist es Usus, dass erworbene oder selbst entwickelte Programme die eingereichten Texte prüfen.

Zurück an den Start

An den Unis werden zwei Fälle unterschieden: Wird ein Plagiat noch während oder vor Beurteilung der wissenschaftlichen Arbeit entdeckt, wird in leichten Fällen ermahnt, in schweren Fällen heißt es für den Studenten "Zurück an den Start". Wird das Plagiat aber erst später entdeckt (es verjährt nicht), werden allfällige Titel entzogen und sogar Verwaltungsstrafen (bis 15.000 Euro) sind möglich. Und in einer Novelle des Unigesetzes 2015 wurde festgehalten, dass die Unis bei Plagiaten und wissenschaftlichem Fehlverhalten – vor allem bei Abschluss- oder Diplomarbeiten – auch Sanktionsmöglichkeiten bis zum befristeten Ausschluss vom Studium für zwei Semester vornehmen können.

Weber mahnt von den Verantwortlichen in den Rektoraten und im Wissenschaftsministerium ein, dass konkrete Statistiken geführt und eigene Präventionsstellen geschaffen werden. Derzeit gibt es nur die 2009 gegründete Agentur für wissenschaftliche Integrität (OeAWI), die sich aber nur um strittige Fälle kümmert. Laut Jahresbericht 2015 hat diese Kommission seit Beginn ihrer Tätigkeit in Summe 91 Anfragen bearbeitet.

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Noch schwieriger gestaltet sich das Problem des "Ghostwriting". Weber erklärt, dass im Netz Angebote vorliegen, um 8000 Euro eine Dissertationsarbeit kaufen zu können. Selbstverständlich ist es illegal, sich eine Prüfungsarbeit von einer anderen Person schreiben zu lassen. Wird das entdeckt, wird auch der akademische Grad wegen "Erschleichung" (§89 Uni-Gesetz) widerrufen. Doch derzeit gibt es keine gesetzliche Handhabe gegen die "Geisterschreiber".

In den Rektoraten ist man sich auf KURIER-Anfrage des besonderen Problems bewusst. "Ghostwriting ist auch bei uns vorgekommen, da gab es studienrechtliche Konsequenzen", heißt es etwa von der Uni Graz. Betont wird allerorts, dass die Studenten schon zu Studienbeginn mit den Grundsätzen wissenschaftlichen Arbeitens vertraut gemacht werden.

Weber ist das alles zu wenig. Er fordert, dass verlässliche Statistiken über Plagiate, Plagiats-Verdachtsfälle, Ghostwriting und Fälschungen erhoben werden. "Allein bei den Plagiaten muss klar sein, dass es diese überall gibt. Es ist Nonsens, wenn eine Uni behauptet, in zehn Jahren sei kein einziger Fall bekannt geworden. Dann wurde nur nichts erhoben."