Politik/Inland

Letzter Auftritt Spindeleggers

Kommt er? Oder bleibt er fern? In einigen Medien hieß es noch gestern, Michael Spindelegger wolle nicht zum Parteitag der ÖVP gehen, bei dem sein Nachfolger formal gekürt wird. Tatsächlich wird Spindelegger zugegen sein. Es ist der erste Auftritt seit Wochen. Am 26. August hatte Spindelegger Polit-Freund und -Feind überrascht. Der Vizekanzler, Finanzminister und VP-Chef tat kund, alle Ämter abzugeben. Mangelnde Gefolgschaft nannte er als Grund: Die Schwierigkeiten mit dem Koalitionspartner in Sachen Steuerreform hätte er "durchgestanden". Dass auch in der eigenen Partei jene "die Oberhand gewinnen, die sagen: wir müssen auf diesen Populismuszug aufspringen", habe seine "Loyalität und Paktfähigkeit überstrapaziert". Die Schwarzen waren in der Bredouille. Wer soll Spindelegger folgen? Für VP-Vize und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner entschieden sich die Granden.

Spindelegger übersiedelte nach Luxemburg, wo seine Frau Margit beim Europäischen Rechnungshof arbeitet. Auch die zwei Kinder leben dort. Nun lässt sich Spindelegger wieder blicken. Am Samstag wird er Mitterlehner den VP-Chefsessel reichen. Bedurfte es Überredungskunst, ihn zum Parteitag zu bringen? Nein, sagt Generalsekretär Gernot Blümel dem KURIER: "Es ist klar, dass es – wie bei vergangenen Wechseln – vom scheidenden Obmann Abschiedsworte gibt." Fünf bis zehn Minuten werde Spindelegger im Wiener Veranstaltungszentrum METAstadt reden. Andere Altparteichefs lauschen: Josef Taus, Wolfgang Schüssel und Josef Pröll. Darüber hinaus gibt es keinen Kontakt der VP-Spitze zu Spindelegger. Blümel: "Er hat sich ganz zurückgezogen."

Mit der Amtsübergabe ist es freilich nicht getan. Mitterlehner muss von den Delegierten gewählt werden. Spindelegger hatte vor drei Jahren 95,5 Prozent Zuspruch bekommen. Mitterlehners Stellvertreter stellen sich ebenfalls der Wahl: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Außenminister Sebastian Kurz, Klubchef Reinhold Lopatka und die EU-Abgeordnete Elisabeth Köstinger. Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner soll den niederösterreichischen Landtagspräsidenten Hans Penz als Bundesfinanzreferent ablösen. Haubner erbt damit auch die Nationalratswahlkampfkosten-Causa (die ÖVP hat um 4,2 Millionen überzogen – und muss rund 660.000 Euro Strafe zahlen).

Inhaltliches ist nicht auf der Agenda. Das wird es beim Parteitag im Mai 2015 geben. Zu ihrem 70. Geburtstag liftet sich die ÖVP programmatisch. Blümel: "Unser Programm ist 20 Jahre alt. Es ist das älteste aller im Parlament vertretenen Parteien." Seit 4. September werken die Schwarzen an ihrer "Evolution". Am Samstag informiert Blümel die Delegierten über den Zwischenstand: "Über 3000 Leute haben sich auf der Online-Plattform angemeldet, es gibt schon 1500 Ideen. Und es gab 90 Veranstaltungen." Bisher meistdiskutiert: die "ökosoziale Marktwirtschaft", gefolgt von "Demokratie und Staat".