Politik/Inland

Absolute der VP ist Geschichte, Grüne im Höhenflug

Die Wahl in Vorarlberg ist geschlagen: Die ÖVP hat - wie prognostiziert - ihre absolute Mehrheit eingebüßt, großer Wahlsieger in Vorarlberg sind die Grünen. Eine herbe Niederlage für Landeshauptmann Markus Wallner, der sich heute ja seiner ersten Wahl in dieser Funktion gestellt hat - die Schwarzen kamen nur auf 41,8 Prozent, das ist ein Minus von 8,9 Prozentpunkten.

Großer Sieger sind laut vorläufigem Endergebnis (ohne Wahlkarten) die Grünen mit 17,08 Prozent (plus 6,5 Prozent) - eine Regierungsbeteiligung ist somit durchaus denkbar. Die FPÖ kam auf 23,46 Prozent (ein leichtes Minus von 1,66 Prozentpunkten) - auch sie hat sich im Vorfeld bereits als möglicher Koalitionspartner angetragen. Die SPÖ, die im Ländle traditionell schwächelt, kam auf 8,79 Prozent, womit man 1,2 Prozentpunkte verloren hat - die "Coolmen"-Kampagne hat offenbar weniger geholfen als erhofft. Überraschend schlecht schnitten auch die NEOS ab: Sie kamen nur auf 6,86 Prozent, ziehen damit aber in den Landtag ein. In Umfragen erreichten sie Werte um die 10 Prozent.

Absoluter Tiefpunkt für die ÖVP

Das - vorläufige - Ergebnis ist das schlechteste, das die VP jemals eingefahren hat: 1999 kam man auf 45,8 Prozent, bis dato der Tiefpunkt im VP-dominierten Vorarlberg. In Höchst, der Heimatgemeinde von Wallner-Vorgänger Herbert Sausgruber, sieht man dies gut: Dort ist die VP extrem abgestürzt, von 59,3 auf 39,6 Prozent. Dort konnten die Grünen den Schwarzen viele Stimmen abtrotzen, sie kamen auf 16,6 Prozent - 2009 hatte man noch 8,9 Prozent. In Frastanz (Bezirk Feldkirch), der Heimatgemeinde von Landeshauptmann Wallner, haben entgegen dem allgemeinen Trend der ÖVP die Treue gehalten. Insgesamt 50,36 Prozent der rund 2.700 abgegebenen Stimmen entfielen auf die Partei des Regierungschefs.

"Verlust bleibt Verlust"


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Wallner selbst sah das Ergebnis seiner Partei bei der Landtagswahl als "brauchbar" an, schönreden wollte er es aber nicht: "Ein Verlust bleibt ein Verlust." Seine Erwartung lag bei bis zu 45 Prozent, aber immerhin sei man aber über den Umfragewerten von unter 40 Prozent geblieben.

Mit wem die ÖVP nun koalieren wird, ließ der Landeshauptmann offen - die Frage, ob er im Amt bleibe, stelle sich nicht: "Das Ergebnis ist ein klarer Wählerauftrag." Verhandelt werde nun in der Reihenfolge der Parteienstärke, also anfangs mit den Freiheitlichen; auch die Grünen seien demnach ein Gesprächspartner: "Übersehen kann man das nicht", meinte er zu den Zugewinnen der Grünen.

"Respektables Ergebnis"


Der neue Bundes-ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner, für den die Wahl im Ländle ein erster Testlauf in dieser Funktion war, hat das Abschneiden der VP als "respektables Ergebnis in einem herausforderndem Umfeld" bezeichnet. Dass die Absolute verloren wurde, sei "natürlich unerfreulich" - doch "solche Mehrheiten seien selten geworden". Bundesweit hält nur mehr Erwin Pröll eine satte Absolute. Koalitionswünsche gab es seitens des Bundeschefs keine - die Landespartei werde "alle Möglichkeiten ausschöpfen, um das Land weiter voranzubringen und die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen", so Mitterlehner.

NEOS unter den Erwartungen

Auch die NEOS konnten mit einem Gesamtergebnis von 6,86 Prozent die Erwartungen bei weitem nicht erfüllen. In Dalaas (Klostertal) - der Heimatgemeinde von Parteichef Matthias Strolz - kamen sie gerade mal auf 12,6 Prozent, damit lag man deutlich hinter den Ergebnissen der Nationalratswahl (39,9 Prozent) und der EU-Wahl (24,6 Prozent). In Lustenau, der Heimatgemeinde von Spitzenkandidatin Sabine Scheffknecht, erzielten die Pinken nur 6,18 Prozent. In Umfragen lagen die NEOS immer im Bereich von bis zu zehn Prozent.

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Damit haben die NEOS auch den Klubstatus verpasst - dennoch zeigen sich die Pinken "sehr zufrieden", wie Sabine Scheffknecht sagte. Bundesparteichef Matthias Strolz hielt es gar für "epochal", dass erstmals seit 30 Jahren eine neue Kraft in den Landtag einziehe. "Wir kommen Schritt für Schritt", so Strolz Prognose - man werde auch im kommenden Jahr bei allen Landtagswahlen kandidieren.

Grüne für Koalition mit VP

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Von einem "wunderschönen Wahlerfolg" hat hingegen Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig gesprochen. Man habe die siebente Wahl in Folge gewinnen können: "Das ist mit Sicherheit ein Auftrag, unseren Projekten treu zu bleiben", sagte sie. Glawischnig sprach auch eine Regierungsbeteiligung an: Schwarz-Grün wäre aus ihrer Sicht ein Schritt nach vorne, eine "Koalition der ÖVP mit der FPÖ dagegen ein Schritt zurück", so Glawischnig. Die Zeit der absoluten Mehrheiten sei jedenfalls vorüber: "Das ist ein österreichweiter Trend. Österreich ist bunter geworden."

FPÖ zufrieden, SPÖ schmerzt Ergebnis

Als "respektabel" bezeichnete FPÖ-Chef Strache das Ergebnis seiner Vorarlberger Kollegen. Das wichtigste Wahlziel, nämlich die absolute Mehrheit der ÖVP zu brechen, sei erreicht worden; aber: "Ein Plus ist natürlich immer besser als ein Minus. Das ist aber nur ein Ansporn, das nächste Mal einen noch intensiveren Wahlkampf zu führen."

Für die SPÖ kommentierte Bundesgeschäftsführer Darabos als erster das Ergebnis: "Zuerst einmal möchte ich betonen, dass Michael Ritsch und sein Team einen sehr engagierten Wahlkampf geführt haben. Trotzdem ist es ein schmerzliches Ergebnis, da ist nichts Schönzureden, ein Minus ist ein Minus." Mit dem Wort "enttäuschend!" beschrieb hingegen SPÖ-Landesgeschäftsführer Reinhold Einwallner den Verlust seiner Partei - es wsei "ein trauriger Tag für die Sozialdemokratie" gewesen, meinte er. SPÖ-Landesparteivorsitzender Michael Ritsch hingegen meinte bedrückt, es sei nicht schön, "wenn die Sozialdemokratie einstellig wird".

9 Parteien sind angetreten - 5 ziehen ein

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FPÖ-Chef Strache bestieg Sonntagvormittag vorsorglich den Flieger, um zum Oktoberfest in München abzuheben. In Vorarlberg gab es für die FPÖ am Abend in der Tat nichts zu feiern. Die Blauen gehören längst zu den drei „Altparteien“, die bei der Wahl Federn lassen mussten. Nach Verlust der absoluten Mehrheit ist Niederösterreich nun das einzige Land, wo die ÖVP noch absolut regiert. Der SPÖ wurde nun auch vom Wähler endgültig der Status einer Zwergenpartei attestiert.

Das Schattendasein im äußersten Westen ist aber ein Sonderphänomen. Bundesweit spannender ist der gebremste Höhenflug der Neos. Nach 13 ,1 Prozent in Vorarberg bei den Nationalratswahlen sind die Pinken in der Heimat von Matthias Strolz fast halbiert. Der Einzug vom Stand in einen Landtag ist respektabel. Der Nimbus der Wunderwuzzi-Partei, die die Republik auf den Kopf stellen will, ist dahin. Nachhaltiger ist der Zuwachs der Konkurrenz. Die Grünen wirkten nach außen wegen des pinken Hypes bereits außer Tritt geraten. Die Ausbreitung grüner Lebensmilieus machen die Partei offenbar unabhängiger von der öffentlichen Meinungskonjunktur. Der Zuwachs in Vorarlberg war nicht nur unerwartet, sondern mit rund fünfzig Prozent außerordentlich kräftig. Alle Zeichen stehen darauf, dass die Grünen nun bald in die sechste Landesregierung einziehen.

Vorarlberg bleibt in vielen Dingen ein Sonderfall. Sollten im Bund die Karten neu gemischt werden, haben die Grünen eine starke Trumpfkarte in der Hand: Reichhaltige Regierungserfahrung von Wien über Linz, Salzburg, Innsbruck, Klagenfurt - und möglichweise bald auch in Bregenz.


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Quelle: Vorläufiges Endergebnis laut BMI/Land Vorarlberg

Die VP ist in Zukunft nur mehr mit 16 Mandaten im Landtag vertreten. Neben den NEOS, die beim erstmaligen Antritt zwei Mandate erobern konnten, waren die Grünen mit zwei zusätzlichen Sitzen die einzigen, die ihre Mandatszahl vergrößern konnten. Laut der Hochrechnung halten die Grünen künftig bei sechs Sitzen (bisher vier). Die FPÖ bleibt wie schon bisher bei ihren neun Mandaten, auch die SPÖ hält weiterhin ihre Mandatsstärke von drei Sitzen im Landtag. Die NEOS würden mit zwei Mandaten die Klubstärke (mindestens drei Mandate) verpassen.

Schwarz-Grün versus Schwarz-Blau

Als realistische Koalitionsvarianten bleiben somit nur Schwarz-Blau oder Schwarz-Grün übrig. Schwarz-NEOS dürfte keine Mehrheit bekommen, Schwarz-Rot nur eine schwach abgesicherte. Zudem wäre dies die Koalition der Wahlverlierer. Sowohl Dieter Egger (FPÖ) als auch Johannes Rauch (Grüne) hatten um eine Zusammenarbeit mit der ÖVP gebuhlt - gegen eine ÖVP-FPÖ-Koalition - die es von 1949 bis 2009 gab - spricht nach wie vor der "Judensager" von Egger aus dem Wahlkampf von vor fünf Jahren. Egger hat sich für seine an Hanno Loewy gerichteten Worte nie öffentlich entschuldigt, weshalb ihn der damalige Landeshauptmann Herbert Sausgruber (ÖVP) aus der Regierung warf. Knackpunkt für ein Zusammengehen mit den Grünen könnte für die ÖVP die Haltung der Öko-Partei zu zwei großen Verkehrsprojekten im Land sein - der Tunnelspinne in Feldkirch und der Autobahnverbindung im unteren Rheintal. Beide Projekte werden seit Jahren oder Jahrzehnten öffentlich diskutiert, Lösungen stehen im Raum. Mit den favorisierten Ansätzen sind die Grünen aber nicht zufrieden.

ÖVP-Parteichef und Landeshauptmann Markus Wallner hat zu seinen Kollegen bei den anderen Parteien ein grundsätzlich gutes Verhältnis. Persönliche Animositäten hegt er weder gegen Egger, Rauch noch gegen SPÖ-Chef Ritsch. Der Landeshauptmann hat vor der Wahl angekündigt, mit allen Parteien Gespräche führen zu wollen.