Politik/Inland

Kurz wird 30: Nur für die Hofburg noch zu jung

Seine Facebook-Seite hat 282.217 "Fans". Bei Wikipedia findet sich sein Profil-Eintrag in 27 Sprachen, darunter Vietnamesisch und Chinesisch. Auf Twitter folgen ihm 127.000 Menschen. Nach Heinz Fischers Pensionsantritt führt Sebastian Kurz das regelmäßig erscheinende Vertrauens-Ranking heimischer Politiker nun einsam an. Weit vor Kanzler Christian Kern, noch weiter vor seinem Chef in der ÖVP, Reinhold Mitterlehner. Und das alles mit – noch – neunundzwanzig Jahren.

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Er bleibt der Jüngste

Der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres wird am 27. August 30 Jahre alt. Gefeiert wird nur im privaten Kreis, heißt es aus seinem Büro. Sein runder Geburtstag ändert nichts daran, dass er der weltweit jüngste Außenminister ist. Bei den Sitzungen der EU-Außenminister in Brüssel kann Kurz den Neuen in der Runde längst erklären, wie die Usancen im Ratsgebäude sind – schließlich macht er den Job seit Herbst 2013. Damals blies ihm in den ersten Wochen seiner Amtszeit ein rauer Wind entgegen. "Minister sein – ein Kinderspiel?", titelte der KURIER nach der Angelobung, hielt dabei aber fest: "Als Integrationsstaatssekretär hat er sich doch passabel geschlagen – warum sollte er keinen guten Minister abgeben?" Kurz, Jahrgang 1986, aus Wien-Meidling, Jus-Studium derzeit ruhend, seit 2003 bei der Jungen ÖVP, 2009 mit 99 Prozent zum JVP-Bundesobmann gewählt, drei Jahre später Wiederwahl mit 100 Prozent. Seit 2011 Integrationsstaatssekretär im Innenministerium. Seit 2013 Außenminister – eine Bilderbuchkarriere.

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"Bester Außenminister der Welt. Da kann man kaum ein Gegenargument liefern", schrieb ein Fan kürzlich auf Facebook. Fast 800 User meinten: "Gefällt mir". Tatsächlich fällt auf, dass Kurz’ Amtszeit bisher durchwegs tadellos ist. Schon als Staatssekretär konnte er mit konkreter Politik rasch reüssieren. Schnell vergessen die Zeit, als er als frisch gebackener JVP-Chef "Politik ist geil" in die Mikrofone rief und mit einem schwarz gepanzerten "Geil-o-mobil" um schwarze Wiener Stimmen warb. Der eloquente Politiker ist längst eine echte Größe in der Innenpolitik, und auch auf internationaler Ebene kein Unbekannter mehr. Holte er doch unter anderem die USA-Iran-Konferenz nach Wien, die Syrien-Friedenskonferenz, die Libyen- und zuletzt die Balkankonferenz. Dort ging es um das Schließen der Balkanroute für Flüchtlinge, was auf sein Bestemm zurückgehen soll – nach einem einschneidenden persönlichen Erlebnis: Kurz war fassungsloser Augenzeuge im August 2014, als an der griechisch-mazedonischen Grenze die wenigen Polizeieinheiten von Hunderten Flüchtlingen einfach überrannt wurden. "Es wird nicht ohne hässliche Bilder gehen", stellte er danach im deutschen Talk-TV bei Anne Will klar. Inzwischen gibt er den Scharfmacher in der Asylpolitik, mit Forderungen nach Burka-Verbot und verpflichtenden Ein-Euro-Jobs für Geflüchtete – und ging in der Türkei-Frage auf Konfrontation.

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Erdogan-Schreck

Der Boulevard, auch der deutsche, liebt ihn dafür: "Vom Bubi-Minister zum Erdogan-Schreck", titelte die Bild-Zeitung vor wenigen Tagen. Die Süddeutsche ("Jung und hart") kommentiert: "In Österreich lautet die Frage nicht mehr, ob er dem aktuellen ÖVP-Chef nachfolgen wird, sondern nur noch wann." Oder die Frankfurter Allgemeine, die über Kurz’ Antrittsbesuch bei Kollegen Frank Walter Steinmeier titelte: "Besuch vom jungen Herrn Metternich". Es sind Elogen des Feuilleton, wie es sie vor Jahren zur Ministerzeit von Karl-Heinz Grasser gab. Hört man sich intern bei der ÖVP um, ist freilich nicht immer alles rosig. Kurz sei nachtragend, vernachlässige gerne seine Pflichten als Außenminister für Fotoshootings beim Boulevard, habe kaum echte außenpolitische Termine. Beim Koalitionspartner SPÖ gilt Kurz nicht nur als "lupenreine Ich-AG", der persönliche Interessen voranstelle, sondern auch als einer der drei schwarzen Quertreiber in der Koalition (neben Klubchef Lopatka & Minister Sobotka). Was kommt als Nächstes? Dem jungen Mann scheinen alle Türen offen zu stehen. Selbst wenn er zehn Jahre in die Privatwirtschaft geht und zurückkommt, könnte er noch jüngster Kanzler der Republik werden. Nur bei der Wahl zum Bundespräsidenten musste er zuletzt passen. Als Kandidat muss man wenigstens 35 Jahre alt sein.

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Kurz im Word-Rap

Auf Facebook und auf seiner Webseite lässt sich Österreichs Außenminister Sebastian Kurz duzen. Dort kann jeder eine Frage an den eloquenten Politiker stellen – etwa, wie seine EU-Außenministerkollegen auf sein Alter reagieren („Anfangs hat mich der eine oder andere kritisch beäugt, viele mit Interesse reagiert. Jetzt ist das Alter eigentlich gar nicht mehr so ein Thema.“) Kurz ist mit seiner Freundin schon seit Schülertagen zusammen, Fragen zu seinem Privatleben beantwortet Sebastian Kurz aber keine. Kurz im Word-Rap:

Bedenken, Außenminister zu werden hatte ich, weil …

... es natürlich ein viel breiteres Spektrum ist als allein Integration, aber ich fühle mich heute in dieser Aufgabe extrem wohl.

Integration ist für mich …

... positives Zusammenleben.

JVP-Chef kann man bleiben bis zum Alter von …

... theoretisch 35 Jahren.

Diese politische Entscheidung bereue ich:

Wenn man unzählige Entscheidungen trifft, sind immer auch falsche dabei.

Nicht politisch erreicht habe ich bisher …

... dass Hass und Hetze in Österreich noch nicht gebannt sind.

Ein Wechsel in die Privatwirtschaft ist für mich …

... derzeit kein Thema.

Ich fühle mich unwohl, wenn …

... Themen in den Medien so emotional diskutiert werden, dass Fakten und die eigentliche Sache ausgeklammert werden.

Dieses Talent hätte ich gerne:

Da gibt es viele ...