Kurz in Rom: Einklang bei Migration, Divergenzen bei Doppelpass
Mit großem Zeremoniell wurde Bundeskanzler Sebastian Kurz am Dienstag in Rom empfangen. Im Hof des Regierungssitzes von Premier Giuseppe Conte, dem Palazzo Chigi, spielte Gardemusik auf und wurde mit Säbeln exerziert.
Rom ist die letzte Station der Hauptstadttour des Kanzlers vor dem Gipfel am Mittwoch und Donnerstag in Salzburg. Dabei gab es Übereinstimmung in Sachen Migrationspolitik, während weiterhin Divergenzen beim heiklen Thema der Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler bestehen.
Kurz und Conte hoben beide die Notwendigkeit hervor, die Grenzschutzagentur Frontex zu stärken. "Wir wollen, Frontex stärken und das Mandat ausbauen", sagte Kurz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Conte in Rom. Österreich sei froh, dass Italien die Zahl der illegalen Migrantenankünfte seit Jahresbeginn um 80 Prozent reduzieren konnte. "Das ist nicht nur für Italien, sondern auch für Österreich und die ganze EU wichtig", meinte der Kanzler. Beim informellen EU-Gipfel in Salzburg am Mittwoch und Donnerstag müsse man für eine gesamteuropäische Lösung in der Flüchtlingsproblematik arbeiten.
"Durchbruch" bei Migrationspolitik
Beim EU-Gipfel im Juni sei ein "Durchbruch" in Sachen europäischer Migrationspolitik erreicht worden. "Aufgabe in Salzburg ist es, weiterzuarbeiten, um diese neue Zielsetzung zu konkretisieren. "Ich bin sicher, dass uns der Gipfel in Salzburg weiterbringen wird", meinte der Kanzler.
Auch Conte bestätigte, dass der EU-Gipfel im Juni eine "neue Perspektive" in der europäischen Migrationsproblematik eröffnet habe. Jetzt sei es wichtig, verstärkt in den afrikanischen Herkunfts- und Transitländern der Migranten zu investieren. Es sei "unvernünftig", dass die EU "beträchtliche Investitionen" für die Türkei locker gemacht habe, jedoch wesentlich weniger für Nordafrika ausgeben wolle.
Conte drängte auch auf die Änderung der Ziele des EU-Mittelmeereinsatzes "Sophia". Das Mandat dieser Mission sei in einem anderen politischen Kontext festgesetzt worden und müsse auch angesichts der Wende beim EU-Gipfel im Juni geändert werden.
"Wir respektieren diesen Wunsch"
Beim Treffen mit Kurz sprach Conte auch das Thema der Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler an. "Österreichs Position ist klar. Es besteht der Wunsch vieler Südtiroler, dass eine Doppelstaatsbürgerschaft eingeführt wird. Wir respektieren diesen Wunsch, werden jedoch alle Regelungen mit Italien abstimmen", versicherte der Kanzler. Für Italien gebe es seiner Ansicht nach keinerlei "Grund zur Aufregung". Conte erwiderte, die Position Italiens in dieser Frage sei klar, man sei strikt dagegen, wie auch der italienische Außenminister Enzo Moavero Milanesi in einer Presseaussendung am Montagabend betont hatte.
Als "anachronistischen Revanchismus" bezeichnete das italienische Außenministerium die Pläne der Bundesregierung in Wien. Eine "einseitige Initiative" Österreichs in Sachen Doppelpass wäre laut der Presseaussendung "unangebracht" vor allem angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in Südtirol. Aus Protest gegen die Pläne der Regierung kündigte Moavero Milanesi an, dass er nicht zu einem bilateralen Treffen in Wien reisen werde, das Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) plane. Ein Klima des "gegenseitigen Vertrauens", eine "unentbehrliche Bedingung für das Gelingen dieser Art von Treffen", sei derzeit nämlich nicht vorhanden, hieß es.
Beim Brexit wolle er Chefverhandler Michel Barnier insofern unterstützen, als „eine einheitliche Linie der EU-Staaten gewährleistet wird“. Großbritanniens Premierministerin Theresa May werde in Salzburg Gelegenheit haben, ihre Sicht der Dinge darzulegen, sagt Kurz.