"Die Toten kommen": Flüchtlingsgräber in Wien
Von Evelyn Peternel
Zwei Kreuze, Blumen, Kerzen – und sogar ein Plüschtier: Vor dem Wiener Parlament sind seit kurzem zwei Gräber zu sehen. Symbolische Grabstellen für Flüchtlinge, die ihr Leben im Mittelmeer verloren haben.
Die Aktion "Die Toten kommen", eine Idee des Berliner Künstlerkollektivs "Zentrum für politische Schönheit", ist damit auch in Österreich angekommen. Die Aktivisten sorgen in Deutschland schon seit geraumer Zeit für Irritationen. Die Künstler, stets mit Kriegsbemalung im Gesicht, traten dort nämlich eine heftige Debatte über die Grenze zwischen Kunst, Geschmacklosigkeit und sozialer Pornografie los, da sie – laut eigener Angabe – die Körper zweier im Mittelmeer Ertrunkener nach Deutschland holten, um sie dort zu bestatten.
Anfang der Woche war es eine Frau aus Syrien, kurz danach ein Mann aus Damaskus, die auf einem Berliner Friedhof beerdigt wurden – mit einem Imam, beobachtet von Dutzenden Schaulustigen. Den Rasen vor dem Berliner Reichstag wandelten die Aktivisten danach in ein Gräberfeld um: Am Sonntag stürmten gut 5000 Demonstranten dazu auf die eigentlich abgesperrte Fläche vor dem Bundestag. Mit Schaufeln, ihren Händen, sogar Skateboards machten sie sich daran, einen Friedhof mitten in Berlin zu errichten – vor Angela Merkels Büro (mehr dazu hier).
Massengräber
Die Polizei beendete den Massenaufmarsch vor dem Reichstag. Den Künstler ist diese Art der Aufmerksamkeit durchaus recht. "Keiner stellt die Frage, was mit den Tausenden Toten passiert", sagt Philipp Ruch, der künstlerische Leiter des Kollektivs. Er und seine Kollegen haben vor eineinhalb Jahren damit begonnen, an den EU-Außengrenzen nach Massengräbern zu suchen. Fündig wurden sie in Italien ebenso wie in Griechenland; meist in kleinen Kommunen, die mit den vielen Toten überfordert sind. Gräberfelder mit Namenlosen seien die Folge.
Diesen Unbekannten setzt man auch andernorts Denkmäler: Symbolische Gräber wurden in vielen anderen Städten gegraben – zuletzt eben auch in Wien.