Politik/Inland

Kindergarten-Reform? "Bräuchten doppelt so viele Mitarbeiter"

Früher oder später kommt offenbar in jedem Wahlkampf der Zeitpunkt, wo die Parteien mit Kindern werben und die Probleme der Kindergärten Thema werden. Am Freitag stellte SPÖ-Chef Christian Kern sein "Zukunft"-Plakat vor. ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat bereits in der ersten Plakatwelle im Juli mit Kindern geworben.

Was Kurz dazu in seinem Wahlprogramm verspricht(noch fehlt ja ein wesentlicher Teil, drei Wochen vor der Wahl), stößt auf offene Ohren bei Kindergärtnern.

Deutsch vor der Schule

Der neue ÖVP-Chef will ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr für jene Kinder, die nicht ausreichend Deutsch können. Die Kindergartenpädagogen sollen eine bessere Ausbildung erhalten, schrittweise soll die Qualität auf Hochschulniveau angehoben werden.

"Wir haben schon 2011 seine Forderung nach einem zweiten, verpflichtenden Kindergartenjahr unterstützt, haben damals Kurz um einen Termin gebeten. Und leider nie einen bekommen", sagt Raphaela Keller, Chefin des Berufsverbandes der Kindergarten- und Hortpädagogen im KURIER-Gespräch.

Tatsächlich sei das 2. Kindergartenjahr – die Forderung besteht ja schon seit Jahren – an bekannten österreichischen Gegebenheiten gescheitert: "Schon damals hätte der Kindergarten zur Bundeskompetenz werden sollen. Die regionalen Kräfte waren aber stärker."

Zudem gebe es noch immer keinen Kollektivvertrag, dafür aber 24 unterschiedliche Gehaltsschemata für die Pädagogen. "Das ist von den Trägern abhängig, ob man beim Bund, beim Land, bei der Gemeinde oder privat arbeitet." Viele Kolleginnen müssten mit dem Mindestlohn ihr Auskommen finden.

Was Keller am meisten stört, sei die Fixierung der Politik auf die Sprachausbildung. Kinder bräuchten Kindergärten aus unterschiedlichen Gründen, der Spracherwerb sei nur ein Aspekt. Es gehe auch um das Hereinholen in die Gesellschaft, um Wertevermittlung, um Bewegungsentwicklung, dass sich die Kinder alleine anziehen und einen Stift halten können. "Zudem lernen Kinder eine Sprache am schnellsten, wenn jemand mit ihnen spricht. Da wäre eine Trennung, eine Segregation, sicher nicht der richtige Weg."

Was für jede neue Regierung eine große Hürde bleibe, glaubt Keller, sei die Finanzierung. Besser ausgebildete Pädagogen würden auch entsprechend mehr kosten. "Wenn man das alles umsetzt, das Betreuungsverhältnis von derzeit 25 Kindern pro Pädagogin auf international übliche 15 Kinder pro Pädagogin anhebt, dazu noch Sprachexperten hereinholt, werden wir in etwa doppelt so viele Pädagogen brauchen."

Und spätestens dann würden die Länder die Reformdiskussion wieder abdrehen – so wie bisher.