Politik/Inland

Kinderbetreuung: Front gegen Sparpläne wird breiter

Der Dienstag begann ganz nach dem Geschmack des Peter Kaiser, und das hatte damit zu tun, dass Kärntens SPÖ-Landeshauptmann plötzlich neue Verbündete hatte.

Wie sooft in der Politik geht es um Geld, genauer: Um die jährlich rund 140 Millionen Euro, die der Bund den Ländern als Aufwandsentschädigung für die Kinderbetreuung zuletzt zugeschossen hat – und die er ihnen nun nicht mehr oder nicht zur Gänze ersetzen will.

Kärnten und fünf weitere Bundesländer haben den Sparkurs von ÖVP-Familienministerin Juliane Bogner-Strauß mehrfach scharf kritisiert. Und seit Dienstag treten auch die führenden Fachverbände der Kinderbetreuung gegen den Sparkurs auf – ein „großer Schritt in die richtige Richtung“, wie der Kärntner Kaiser frohlockt.

Tatsächlich haben sich Volkshilfe, Diakonie, Caritas, Hilfswerk, Kinderfreunde und die St. Nikolai-Stiftung vor geraumer Zeit zur „Trägerinitiative Kinderbetreuung“ zusammengefunden, um in Sachen Kinderbetreuung zu lobbyieren.

Sparen am falschen Platz

Die im Raum stehenden Kürzungen lassen sie jetzt allerdings deutlich lauter werden. Denn wie die Länder sind die Trägervereine überzeugt: Wer bei der Elementarbildung spart, spart am falschen Platz.

„Aus unserer Sicht geht es jetzt um den nächsten Schritt. Und der sollte in Richtung Qualitätssteigerung gehen“, sagt Martina Genser-Medlitsch vom Hilfswerk zum KURIER.

Zwar sei in den vergangenen Jahren viel passiert, was den Ausbau der Kinderbetreuung angehe. „Dennoch gibt es weiterhin große regionale Unterschiede zwischen den Bundesländern.“

Nicht zuletzt deshalb wünschen sich die Träger bundeseinheitliche Standards bei Gruppen- und Raumgrößen, bei Öffnungs- und Schließzeiten sowie bei der Qualifikation des Personals.Genser-Medlitsch: „Es ist unbestritten, dass ein zweijähriges Kind im Burgenland die selben Bedürfnisse hat wie Gleichaltrige in Vorarlberg.“ Insofern sei es sinnvoll und logisch, bundeseinheitliche Standards zu definieren – und zwar partnerschaftlich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.

Wirtschaftlich sinnvoll

Abgesehen von der wissenschaftlich gesicherten Tatsache, dass früh geförderte Kinder später bei ihrer Schul- und Berufskarriere bessere Chancen vorfinden, führt die Träger-Initiative ein Argument ins Treffen, das so eher selten zu hören ist: Gute Kinderbetreuung lohnt sich auch volkswirtschaftlich für Gesellschaft und Staat.

Laut einer dem KURIER vorliegenden Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung ( Universität Wien) haben sich die Kosten, die dem öffentlichen Haushalt durch den Ausbau der Elementarförderung seit 2006 entstanden sind, längst amortisiert.

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Demnach tragen sich die Ausgaben seit 2015 selbst, weil dem Staat durch die Betreuung der Kinder neue Einnahmen entstehen.

Unwissenschaftlich ausgedrückt: Weil die Kinder betreut sind, können insbesondere die Mütter schneller ins Berufsleben zurück. Sie zahlen Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteuer, und bedingt durch das höhere Haushaltseinkommen steigen der private Konsum und damit Abgaben wie die Umsatzsteuer. „Und in dieser gesamtwirtschaftlichen Rechnung ist noch gar nicht enthalten“, sagt Genser-Medlitsch, „dass Kinder, die früh gefördert werden, später auch bessere Jobs und damit höhere Einkommen haben.“

Familienministerin Juliane Bogner-Strauß empfindet die Kritik der Initiative nicht als solche: „Die Forderung der Initiative bestätigt die Fokussetzung der Bundesregierung in den Ausbau der Betreuungseinrichtungen für Unter-Dreijährige. Hier besteht der größte Bedarf.“

Zahlen und Fakten zur Kinderbetreuung

Laut Statistik Austria besuchten 2015/16 insgesamt 354.022 Kinder eine der bundesweit 9208 Betreuungseinrichtungen. 217.952 besuchten einen Kindergarten, 33.500 eine Krippe bzw. Kleinkindgruppe, 56.897 einen Hort und 45.673 eine altersgemischte Gruppe. Private Träger (zu 90 Prozent sind das Vereine und kirchliche Organisationen) betreiben knapp 44 Prozent der Einrichtungen, die von rund einem Drittel der Kinder besucht werden. Bei Krippen steigt dieser Anteil auf 60,5 Prozent, bei altersgemischten Häusern sogar auf 73 Prozent.