Kein Problem für Grün-Wähler, sollte Kogler in Wien bleiben
„Kein großes Problem“ ortet Peter Hajek, sollte sich Grünen-Chef Werner Kogler dafür entscheiden, auf sein EU-Mandat zu verzichten und stattdessen in die Nationalratswahl zu ziehen.
Für das große Ziel, die Rückkehr in den Nationalrat, würden ihm die Wähler das nachsehen, meint der Meinungsforscher. Wobei Kogler laut Hajek nicht alternativlos ist.
Traditionell wäre die Person des Spitzenkandidaten für Grün-Wähler nicht so wichtig wie für andere Parteien. Das habe auch die Wahltagsbefragung zur EU-Wahl erneut gezeigt, die Hajek für ATV durchgeführt hat.
Spitzenkandidat nur für jeden Fünften „sehr wichtig"
Nur 19 Prozent derer, die am Sonntag ihr Kreuz bei den Grünen gemacht haben, sagten, der Spitzenkandidat wäre für ihre Entscheidung „sehr wichtig“ gewesen. Zum Vergleich: Über SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder sagten das 28 Prozent, über sein FPÖ-Pendant Harald Vilimsky sogar 34 Prozent.
Hajek sieht folglich zwei mögliche Szenarien.
Variante 1: Kogler verzichtet auf das EU-Mandat, kandidiert gemeinsam mit einem neuen, jungen Team und versucht damit Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Das dadurch gesendete Signal: „Wir haben Erfahrung, aber es wird trotzdem eine neue Garde einziehen.“ Ob Kogler auch den Spitzenkandidaten gibt, sei dann zweitrangig, sagt Hajek. Er müsse nur „präsent sein“.
Variante 2: Anstelle von Kogler tritt „ein anderer reputierlicher Kandidat“ an – etwa der oberösterreichische Landesrat Rudolf Anschober, durch seine Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“ ebenfalls überregional bekannt. In diesem Fall könnte Kogler doch nach Brüssel gehen.
Grundsätzlich haben die Grünen im Sog des EU-Wahl-Erfolgs laut Hajek „alle Chancen“ auf den Wiedereinzug in den Nationalrat. Auch den – hauptsächlich auf den Klimaschutz aufgebauten – Wahlkampf könnten sie „eins zu eins weiterführen“, meint der Politologe.
Ausmaß des Erfolgs überrascht
Die 14,1 Prozent bei der EU-Wahl bezeichnet Hajek als „wirklich große Überraschung“. Dass die Grünen ein zweistelliges Ergebnis erreichen werden, habe sich aber auch in den meisten Umfragen bereits abgezeichnet.
Dementsprechend ist die Analyse für den Meinungsforscher auch denkbar einfach: Erstens hätten die Grünen ihr Potenzial wieder abgerufen, zweitens erfolgreich auf „alte Kernwerte“ wie eben den Klimaschutz gesetzt. Und drittens hätte auch der Appell, die Grünen müssen wieder zurück, bei den Wählern gefruchtet. Einen letzten „kleinen Anschub“ habe dann auch noch die Ibiza-Affäre gegeben, stünden die Grünen doch seit jeher für einen Anti-Korruptions-Kurs.
Zu guter Letzt sieht Hajek auch die Listenzweite, Quereinsteigerin Sarah Wiener, als „gute Ergänzung, die das Bild noch abgerundet hat“. Und dann, so der Politologe, hätten die Grünen das einfach „sauber runtergeradelt“.