Politik/Inland

"Kanzler ist kaum von Strache zu unterscheiden"

Dass die ÖVP, die den Wirtschaftsminister stellt, Österreich als „abgesandelt“ (Christoph Leitl) und „ramponiert“ (Maria Fekter) qualifiziert, kommt der SPÖ zupass. Deren Proponenten können sich darüber echauffieren, dass der Koalitionspartner das Land heruntermache. Wahlkampf-Stoff vom Feinsten.

Jetzt schlägt ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf verbal zurück. Es amüsiere ihn, „dass der Herr Bundeskanzler daraus eine Diskussion machen will, wer denn die größere Österreich-Liebe besitzt. Da ist er ja schon kaum mehr von Strache und seiner ,Heimatpartei‘ zu unterscheiden. Fehlt nur noch, dass er wie Strache die Nächstenliebe plakatiert“, ätzt Kopf via KURIER. Aber waren die Sager klug – von einer Partei, die seit 26 Jahren mitregiert? „Ohne die bisherigen Leistungen schlechtreden zu wollen: Wir müssen uns noch mehr anstrengen, um im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsstandorten zu bestehen.“ Der Wirtschaftskammerchef und die Finanzministerin hätten „nichts anderes gewollt, als darauf hinzuweisen. Mit Schönreden, wie das der Kanzler tut, versündigt man sich an den Chancen der nächsten Generationen.“

Faymann & Co sollten sich nicht als Hüter und Kenner der Wirtschaft aufspielen: „Von Konzepten der Roten ist mir nichts bekannt.“ Sehr wohl kenne man deren Steuerphilosophie. „Altfinanzminister und Rapid-Präsident Edlinger hat diese auf den Punkt gebracht: Der Job des Finanzministers sei im Vergleich zum Job des Rapid-Präsidenten deshalb einfacher, weil sich der Finanzminister im Gegensatz zum Rapid-Präsidenten jederzeit zusätzliches Geld bei den Menschen holen könne.“ Da erübrige sich jeder Kommentar, sagt Kopf. Und legt nach: Die „sichere Hand“ der Roten, derer sich Faymann auf einem Wahl-Sujet berühme, „greift ständig in die Taschen der Steuerzahler“.

„Fast wie eine Lüge“ Nachgerade skurril sei, „dass die SPÖ versucht, die ÖVP zur Partei der Banker und Spekulanten zu machen. In Wahrheit praktiziert sie die Spekulation tagtäglich selbst – und beweist, dass sie es nicht kann.“ Belege dafür gebe es genug: „Von der Konsum-Pleite über den Salzburger Finanz-Skandal bis zur Linzer Swap-Affäre. Die rote Misswirtschaft hat Österreich einen Schaden von elf Milliarden gebracht.“ Auch dass sich die SPÖ gegen einen Maximal-Arbeitstag von 12 Stunden verwahrt, erregt Kopf: „Wer Betrieben die nötige Flexibilität verweigert, indem er Gewerkschaftsforderungen nach Arbeitszeitverkürzung und einer Überstunden-Strafsteuer unterstützt oder Arbeitszeitflexibilisierung ablehnt, meint es nicht gut mit jenen, die Arbeit schaffen wollen. Da wirkt das Plakat ,Arbeit‘ fast wie eine Lüge.“

Kontroversielle Wahlkampf-Sager

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Erst erregte Wirtschaftskammerboss Christoph Leitl die SPÖ mit dem „Abgesandelt“-Sager; jetzt tut er das mit Begehrlichkeiten in Sachen Renten. Leitl möchte eine Pensionsreform – schon im kommenden Jahr. Das von seiner Kammer ersonnene „Anreizmodell“ sollte 2014 getestet werden. Für ihn würde „von Arbeit über das Regelpensionsalter hinaus Arbeitgeber- und Dienstnehmer profitieren“, sagte Leitl der APA. Sein Plan: Versicherte erhalten 25 Prozent ihrer fiktiv errechneten Rente zum regulären Einkommen. Weitere 25 Prozent bekommt der Betrieb, 50 Prozent bleiben im Pensionssystem.

Auch ein anderes Reizthema bringt Leitl wieder auf: das Pensionsalter für Frauen. ÖVP-Chef Michael Spindelegger hatte damit geliebäugelt, es früher als festgelegt an jenes der Männer anzugleichen; das hatte er dann allerdings relativiert. Jetzt drängt Leitl darauf. Dass sich die SPÖ dagegen verwahrt, sei „unsozial“. Die Renten der Frauen seien halb so hoch wie die der Männer. Schicke man Frauen weiter mit 60 in den Ruhestand, werde dieser Zustand prolongiert, befindet Leitl.

Konter von SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer: „Es ist nicht unsozial, sich an die in der Verfassung festgeschriebene Anhebung des Frauenpensionsantrittsalters ab 2024 zu halten.“ Jene 315.000 Frauen ab 45, die betroffen wären, zu verunsichern, sei unsozial. Und so lässt ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch wissen: In der nächsten Legislaturperiode werde das gesetzliche Antrittsalter für Frauen nicht erhöht.