Strache sieht Hofer nicht als Spitzenkandidaten im Burgenland
KURIER: Herr Vizekanzler, was ist eigentlich das Schönste am Regieren: Die Macht, die man plötzlich hat, oder die Insignien der Macht?
Heinz-Christian : Das Schönste an der Regierungsverantwortung ist es, nach dreizehn Jahren Opposition endlich das durchsetzen zu können, was bis dahin justament abgelehnt wurde. Das macht Freude.
Dass man freundlicher behandelt und etwa von Putin zum Fußballspielen nach Moskau eingeladen wird, muss doch auch Freude machen?
Ich werde nicht anders behandelt als früher und wurde auch nicht von Putin eingeladen, sondern war als Sportminister, wie auch viele andere Kollegen beim Fußball-WM- Eröffnungsspiel. Ich bin der gleiche Mensch wie früher und sehe keine große Veränderung.
Was war das Wichtigste, das Sie mit Ihrer neuen Macht tatsächlich schon durchgesetzt haben?
Es gibt bereits vieles, was wir im Regierungsprogramm verankert haben und jetzt nach und nach umsetzen, wie etwa die Erhöhung der Sicherheit.
Den Pensionshunderter als Einmalzahlung für kleine Pensionen haben Sie aber zuletzt nicht durchgesetzt.
Das ist falsch, das war nur eine von mehreren Möglichkeiten, die überlegt wurden. Wir waren schon in Oppositionszeiten für eine nachhaltige prozentuelle Erhöhung und die kommt jetzt auch.
Aus den Protesten gegen die überfallsartige Einführung des Zwölf-Stunden-Tages haben Sie offenbar gelernt: In Sachen Kassenreform haben Sie diese Woche erstmals zu einem Sozialpartnergipfel eingeladen. Wird das der neue Stil?
Nein. Bei der Arbeitszeitflexibilisierung bleibt der Acht-Stunden-Tag die Norm. Wir setzen nun das besser um, was auch SPÖ-Chef Kern in seinem Plan A gefordert hat, nämlich, dass man freiwillig länger arbeiten kann.
Bei diesem Thema haben Sie erstmals auch heftige Proteste aus Ihren eigenen Reihen erleben müssen.
Aufgrund von Fehlinformationen gab es auch Fragen von freiheitlichen Wählern. Aber wie Umfragen zeigen, haben unsere Antworten auch gegriffen, die Mehrheit steht auch in dieser Frage hinter der Regierung.
Der nächste Akzeptanztest wird die EU-Wahl im Frühjahr sein. Vor fünf Jahren lag die FPÖ mit 19,7 Prozent auf Platz drei. Wo wollen Sie dieses Mal landen?
Die EU-Wahl wird sehr wichtig und spannend, weil wir überall bei allen Wahlen zuletzt einen Umbruch erlebt haben. Bei der Bundespräsidentenwahl stand es erstmals für uns 50:50. Bei der Nationalratswahl gab es den Machtwechsel und auch in anderen europäischen Ländern, wie zuletzt in Italien. Ich glaube, dass der Wunsch nach Veränderung in den Ergebnissen der EU-Wahl noch sichtbarer werden wird. Es wird eine Wahl werden, wo man eine Rechnung begleichen kann – gegen diesen Merkel-Kurs, die Flüchtlinge nach Europa zu lassen.
Frau Merkel steht aber nicht zur Wahl.
Als eine der mächtigsten Politikerinnen in der EU trägt sie natürlich auch hier Verantwortung.
In Österreich zeichnet sich ein Wahlkampf zwischen Othmar Karas und Harald Vilimsky ab. Da wird es mit der Parole ‚Wir streiten in der Regierung nicht‘ wohl für eine Zeit lang vorbei sein?
Ich weiß nicht, wer der Spitzenkandidat der ÖVP sein wird. Aber klar ist, wir sind zwei unterschiedliche Parteien. Auf Europaebene wird das zwischen Karas und Vilimsky besonders sichtbar.
Da könnten im EU-Wahlkampf die Fetzen fliegen ...
Naja, ich glaube, es wird ein gutes Niveau der Auseinandersetzung geben. Unser Ziel ist es jedenfalls, bei der EU-Wahl zuzulegen. Vielleicht geht sich auch eine Platzverbesserung aus.
Sie kandidieren auf EU-Ebene gemeinsam mit Parteien, die die EU abschaffen wollen. Sie selbst haben noch 2014 im KURIER gesagt: Selbstverständlich bin ich dafür, die Österreicher über einen EU-Austritt zu befragen. Warum haben Sie die Österreicher bisher nicht dazu befragt?
Wir kandidieren nicht mit anderen Parteien, aber wir sind Teil einer Europafraktion. Aber wer Europa im Herzen hat und das tun wir, hat auch eine Verantwortung, gegen Fehlentwicklungen aufzutreten. In Sachen Volksabstimmung haben wir uns mit dem Koalitionspartner darauf geeinigt, dass diese ab 2021 zu nationalen Fragen verbindlich möglich werden sollen. Die ÖVP hat leider eine Volksabstimmung über internationale Fragen abgelehnt, da konnten wir uns nicht durchsetzen.
Sie würden auch weiterhin gerne eine Volksabstimmung über den EU-Austritt machen können?
Wir würden gerne nach Schweizer Vorbild die Möglichkeit schaffen, auch über internationale Themen das Volk zu befragen. Aber ich bin nicht dafür, eine Volksabstimmung über den EU-Austritt durchzuführen.
Es hat eine gewisse Skepsis ausgelöst, dass die FPÖ künftig den Chef der Nationalbank nominieren soll. Dieser vertritt Österreich auch in der Eurozone. Die FPÖ hat immer wieder Skepsis gegenüber dem Euro geäußert.
Wir haben uns im Regierungsprogramm sowohl zur EU als auch zum Euro bekannt. Unser Kandidat für den Nationalbankgouverneur, Professor Robert Holzmann, ist, wie Sie wissen, ein hervorragender Ökonom und fachlich unbestritten. Die Entscheidung fällt aber erst im kommenden Jahr.
Hat er den Auftrag, auch mit den von Ihnen viel kritisierten Privilegien in der Nationalbank aufzuräumen?
Ja, das finde ich vernünftig. Genauso, wie wir im staatlichen Bereich die Luxuspensionen und Luxusbezüge unter die Lupe nehmen, sollten wir das auch dort tun.
Kann man dem unabhängigen Gouverneur der Nationalbank überhaupt einen Auftrag geben?
Nein, aber wir als Politiker haben den Auftrag, solche Vorschläge zu erarbeiten.
Die Nationalbank war jahrzehntelang das spektakulärste Symbol für den rot-schwarzen Parteienproporz. Jetzt zieht dort mit einem ÖVP-Präsidenten und einen FPÖ-Gouverneur der türkis-blaue Proporz ein.
Ich finde das lustig, dass man, wenn nach Hundert Prozent Rot-Schwarz ein uns nahestehender Experte zum Zug kommt, sofort den blauen Proporz ausruft. Aber im Ernst: Es ist gut, wenn dort einmal Frischluft einzieht.
Wäre nicht die Vergabe solcher sensibler Spitzenposten ein Fall für ein Hearing mit mehreren Kandidaten?
Wir sind selbstverständlich in der Regierung darauf bedacht, dass wir hier die qualifiziertesten Kandidaten nehmen.
Die Art, wie Ihr Innenminister im Geheimdienst BVT aufzuräumen versucht, wird international sehr aufmerksam beobachtet. Es wird deswegen auch einen Untersuchungsausschuss geben. Wird Herbert Kickl diesen politisch überleben?
Es gab schon vor dem Regierungseintritt der FPÖ schwere interne Vorwürfe im BVT, bis hin zur Korruption. Die werden auch von der Justiz ernstgenommen und müssen nun restlos aufgeklärt werden.
Das heißt: Herbert Kickl hat hier alles richtiggemacht?
Herbert Kickl ist der beste Innenminister, den die Republik je hatte. Man kann froh sein, dass jemand wie er die Verantwortung trägt.
Ihre Außenministerin Karin Kneissl ist durch die Einladung Wladimir Putins zu ihrer Hochzeit auch international in die Schlagzeilen geraten. Auch der EU- Fraktionsführer der ÖVP, Othmar Karas, sagt: „Hier wurden Schäden angerichtet.“ Was entgegnen Sie ihm?
Wladimir Putin hat die Außenministerin offensichtlich in einigen Gesprächen schätzen gelernt. Es ist ein Zeichen großer Wertschätzung, dass er auch zur Hochzeit von Karin Kneissl gekommen ist.
Putin ist demokratisch gewählt, aber Präsident eines Landes, in dem Journalisten eingesperrt werden und die Opposition unterdrückt wird. So jemanden lädt man zu einer privaten Feier ein?
Vieles in der Berichterstattung über Putin ist überzogen. Und die USA haben sogar Partner, wie Saudi-Arabien, wo es keine Demokratie gibt. Trotzdem ist es wichtig, auch hier den Dialog zu suchen.
Würden Sie auch Herrn Putin gerne zu Ihrer Hochzeit einladen?
Warum nicht? Warum soll man einen befreundeten Politiker nicht zu seiner Hochzeit einladen? Warum sollte Sebastian Kurz, sollte er heiraten, nicht Angela Merkel, mit der er befreundet ist, einladen?
Warum soll ich nicht den italienischen Vizepremier Matteo Salvini, mit dem ich befreundet bin, einladen?
Wird Ihnen Norbert Hofer bald wieder abhandenkommen, weil er als Spitzenkandidat für den Landeshauptmann ins Burgenland zurückkehrt?
Das ist ein interessanter Vorschlag, aber ich denke, dass sich Norbert Hofer weiter auf seine Arbeit als Minister konzentrieren soll und wird.
Auch Mario Kunasek ist Verteidigungsminister auf Abruf, er will spätestens 2020 als Spitzenkandidat in der Steiermark kandidieren.
Wir waren beim letzten Mal knapp dran einen Machtwechsel herbei zu führen. Wenn es dieses Mal gelingt, wird er in der Steiermark bleiben.
Als im Sommer Wolfgang Ambros die FPÖ kritisiert hat, hat Ihr Generalsekretär ihn als „abgehalfterten Popsänger“ heruntergemacht. Ist auch für Sie Ambros als Künstler erledigt?
Wolfgang Ambros ist ein großartiger Liedermacher und Sänger. Ich habe in meiner Jugend all seine Lieder rauf und runter gehört. Ich singe sie noch heute und kenne sie fast auswendig. Dass man als Künstler Kritik übt, ist legitim. Dass man aufpassen sollte, dass man nicht Schimpftiraden von sich gibt, ist eine andere Geschichte. Aber Ambros ist ja kein Poet, also sollten wir auch gelassener mit seiner Kritik umgehen.
Ist das auch ein Appell an Ihre Partei, weniger aggressiv zu antworten?
Ja, der Generalsekretär hat aus der Emotion heraus etwas überzogen reagiert.
Ihre Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein steht seit Wochen in der Kritik. Agiert sie manchmal zu ungeschickt?
Fehler passieren uns allen. Sie ist keine gelernte Politikerin, sondern Fachexpertin, da agiert man manchmal anders. Das spielt sich aber jetzt zunehmend ein.
Wie geht es Ihnen eigentlich im Alltag mit Ihrem direkten Visavis Sebastian Kurz. Alexander Van der Bellen hat den ÖVP-Kanzler kürzlich so beschrieben: Kurz ist ein irritierend zielstrebiger junger Mann, der nicht raucht, keinen Kaffee und kaum Alkohol trinkt. Ist das auch Ihr Bild von ihm?
Er ist ein unglaubliches politisches Talent, wahnsinnig diszipliniert, arbeitsam, extrem strukturiert. Und er ist anständig, dass er einhält, was man mit ihm bespricht. Auch dann, wenn es vorher intern eine Auseinandersetzung darüber gegeben hat, wohin die Reise geht, vertritt er ohne Wenn und Aber den gemeinsamen Kompromiss. Aber was den Alkohol betrifft, ist er manchmal schon lockerer, als er hier dargestellt wird.