Politik/Inland

Kampf um bis zu einer Million Unentschlossene

In fünf Tagen findet der erste Durchgang zur Bundespräsidentenwahl statt. 6,4 Millionen Wähler sind aufgerufen, den Nachfolger respektive die Nachfolgerin von Heinz Fischer zu küren. Weil eine absolute Mehrheit für keinen der sechs Kandidaten in Sicht ist, wird aller Wahrscheinlichkeit nach eine Stichwahl am 22. Mai nötig werden.

Entscheidend kann in den letzten Tagen vor dem sonntäglichen Wahltermin der Kampf um die Unentschlossenen sein. Alle Kandidaten befinden sich im Endspurt und arbeiten einen übervollen Terminkalender von Wahlveranstaltung zu Wahlveranstaltung ab. Insbesondere die Elefantenrunde am Donnerstagabend im ORF könnte noch ein wenig Bewegung in das Wahlverhalten oder bei der letztendlich gegebenen Wahlbeteiligung bringen.

Vor allem die in den Umfragen weit abgeschlagenen Kandidaten der Regierungsparteien, Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol, wollen hier noch einmal kräftig punkten. Denn im Extremfall ist noch bis zu einer Million an Stimmen zu holen.

Das kommt so: 72 Prozent der Wähler gehen laut der jüngsten OGM-Umfrage für den KURIER sicher zur Wahl, aber davon wissen 20 Prozent noch immer nicht, wen sie eigentlich wählen werden.

Favoriten-Trio

Freilich können diese Unentschlossenen laut Experten nicht mehr alles umdrehen. Zu klar hat sich in den letzten Wochen ein Favoriten-Trio herauskristallisiert.

Alexander Van der Bellen, Norbert Hofer und Irmgard Griss liegen in allen Umfragen klar vorne. Laut OGM würden momentan 25 Prozent für den früheren Grünen-Chef Van der Bellen stimmen, 24 Prozent für den blauen Kandidaten Hofer und derzeit rund 21 Prozent für die frühere Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, Griss. Umdrehen könnte sich hier freilich die Reihung - und sich etwa eine Stichwahl zwischen Hofer und Griss ergeben. Freilich könnte es auch beim derzeitigen Stand Van der Bellen gegen Hofer bleiben. Auch die dritte Möglichkeit – Van der Bellen gegen Griss – ist aber denkbar.

Insbesondere Khol und Hundstorfer schenken den jetzigen Umfragen wenig Glauben und erinnern an das prognostizierte Kopf-an-Kopf-Rennen bei der vergangenen Wien-Wahl zwischen SPÖ und FPÖ. Letztlich war der Abstand zwischen Michael Häupl und Heinz-Christian Strache aber wesentlich größer als von den Meinungsforschern vorher gesagt worden war.

Hundstorfer in der Hofburg

SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer wagt sich mit seiner Abschlussveranstaltung am nächsten an den Amtssitz des Bundespräsidenten heran. Sein Team lädt am Freitagabend Unterstützer in die Redoutensäle der Wiener Hofburg.

Hofer und Lugner am Stephansplatz

Ebenfalls in der Innenstadt tummelt sich ungefähr zur selben Zeit die FPÖ, die angeführt von Parteichef Heinz-Christian Strache am Stephansplatz noch einmal Stimmung für den freiheitlichen Kandidaten Norbert Hofer macht. Den Platz vor dem Dom hat auch Richard Lugner als Finalort ausgewählt, allerdings erst tags darauf, am Samstag um 18 Uhr.

Khol macht Gartenpartie

Eine Gartenpartie bildet den Abschluss des Wahlkampfs von ÖVP-Kandidat Andreas Khol. Gemeinsam mit Landesparteiobmann Gernot Blümel wird er Freitagvormittag im Garten des Palais Schönborn noch einen Wahlaufruf starten, hieß es zur APA. Danach sollen die Unterstützer noch zur Mobilisierung in den letzten Stunden vor der Wahl ausschwärmen.

Van der Bellen zieht es hinaus

Ein wenig vom Zentrum entfernt platzieren sich die Fans des Grünen Kandidaten Alexander Van der Bellen. Ihr Finale findet in Wien St. Marx Freitagabend statt.

Einzig Irmgard Griss hat sich noch nicht entschieden, ob sie überhaupt ein offizielles Finale abhält.

Denn: Ein künftiges Staatsoberhaupt, das nicht aus der SPÖ oder der ÖVP kommt, ist mittlerweile höchstwahrscheinlich. Und zum anderen, wird es keine Neuwahl geben. Und für beides gibt es einen guten Grund.

Man kann Umfragen glauben oder nicht, aber: In den vergangenen Wahlkampf-Wochen hat sich doch ein klares Favoriten-Trio herauskristallisiert, in dem die Namen Hundstorfer und Khol nicht vorkommen. Aber dennoch wird es – ebenso wahrscheinlich – keine Neuwahlen geben.

Denn Hundstorfer und Khol bekommen die Anti-Regierungsstimmung im Land voll ab, eine Art Denkzettel-Wahl zeichnet sich ab. Doch gerade die schwachen Umfragewerte der Kandidaten und ihrer Parteien garantieren ja geradezu das Weiterwursteln der beiden ehemaligen Großparteien.

Interne Turbulenzen bei Rot und Schwarz sind nach dem Wahlsonntag nicht auszuschließen – aber für Neuwahlen fehlen beiden Parteien das nötige Geld und das nötige Spitzen-Personal. Aus der Position der Schwäche heraus sind Neuwahlen wahrlich keine gute Idee.

(Michael Bachner)