Große Regierungsbeschlüsse "allen Widrigkeiten zum Trotz"
Das Projekt Integrationsjahr, das „eine neue Ära“ einleiten soll. Ein 175 Millionen Euro schweres Investitionsprogramm für die Gemeinden, das 8500 Arbeitsplätze schaffen soll. Eine Lockerung des Insolvenzrechts, das eine „Kultur des Scheiterns“ einführen soll. Und die digitale Vignette, die „dem Kratzen und Picken ein Ende setzen“ soll. Der rot-schwarzen Regierung sind recht beachtliche Erfolge gelungen. Im Gerangel um 50 Flüchtlinge, die aus Italien übernommen werden sollten (siehe Bericht links), ging das alles unter.
Das Debriefing nach dem Ministerrat am Dienstag, bei dem diese Projekte Medienvertretern vorgestellt wurden, leitete Regierungskoordinator Thomas Drozda (SPÖ) dann selbstironisch mit den Worten ein: „Allen Widrigkeiten zum Trotz ist es uns gelungen, heute ein umfangreiches Programm zu beschließen.“
Integrationsgesetz deutlich verschärft
Das Integrationsjahr – einem Herzensprojekt von SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar – wurde am Montag noch bis spät in die Nacht ausverhandelt. Jetzt steht fest: Ab September wird es ein österreichweites Programm geben, um Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte sowie Asylwerber mit guten Bleibechancen auf das Berufsleben vorzubereiten – dazu gehört ein Arbeitstraining bei einem Zivildienstträger. Organisationen wie das Rote Kreuz erhalten für das Mentoring pro Flüchtling 120 Euro – dieser Punkt wurde, wie der KURIER berichtete, nachträglich im Gesetz ergänzt.
Auf Drängen von Minister Sebastian Kurz (ÖVP) wurde das Integrationsgesetz deutlich verschärft: Wer öffentlich eine Burka trägt – egal ob Einheimische oder Touristin –, muss 150 Euro Strafe zahlen. Verboten ist künftig auch die Koran-Verteilung. Deutsch- und Wertekurse sind Pflicht. Drittstaatsangehörige müssen über beide Teile eine Prüfung ablegen, sonst gibt es keinen Aufenthaltstitel.
175 Millionen für die Gemeinden
Gute Nachrichten gibt es für die Gemeinden: Zusätzlich zum Finanzausgleich gibt es 2017 und 2018 insgesamt 175 Millionen Euro für den Ausbau der Infrastruktur.
Die Summe soll eine Hebelwirkung für Investitonen von geschätzten 780 Millionen Euro haben und Arbeitsplätze in den ländlichen Regionen schaffen. Gemeinden können ab 1. Juli einen Antrag stellen.
Insolvenzrecht: "Kultur des Scheiterns"
Durch eine Änderung des Privatinsolvenzrechts soll gescheiterten Unternehmern die Chance auf einen Neubeginn ermöglicht werden. Das so genannte Abschöpfungsverfahren soll künftig nur mehr drei statt sieben Jahren dauern, die Mindestquote von zehn Prozent für die Entschuldung soll gänzlich fallen.
Gegen diesen Punkt hatte zuletzt die Wirtschaftskammer protestiert, doch die Zeit drängte: Laut Regierungsprogramm musste das Thema im März abgehakt sein. Die Änderungspläne werden nun dem zuständigen Justizausschuss im Parlament vorgelegt. Dort entscheiden dann die Klubs, ob die Vorlage – wie üblich – begutachtet und dann zur Abstimmung gebracht wird. Dem Vernehmen nach dürfte das klappen.
Digitale Vignette kommt im November
Autolenkern bleibt künftig das Kratzen und Picken erspart: Ab November gibt es die digitale Vignette für Österreichs Autobahnen. Per App oder Online kann man sein Fahrzeugkennzeichen bei der Asfinag registrieren. Die digitale Vignette kostet dasselbe wie die klassische Klebevignette, die es weiter geben wird.
Einen Haken hat die moderne Variante: Sie gilt erst am 18. Tag nach dem Kauf. Grund ist die EU-Verbraucherrechte-Richtlinie, wonach Kunden bei Online-Geschäften binnen 14 Tagen zurücktreten können. Berücksichtigt man den Postlauf von drei Tagen bei einem schriftlichen Rücktritt, kommt man inklusive des Kauf-Tages auf 18 Tage.