Politik/Inland

Griff zu Kassen-Reserven: Sorge ums Defizit

Ein strittiger Punkt in Kanzler Kerns "Plan A" ist die von ihm beabsichtigte Auflösung der Reserven bei den verschiedenen Sozialversicherungsanstalten in Höhe von insgesamt 2,65 Milliarden Euro. Nicht nur die Kassen sind in Sorge, auch das Finanzministerium.

Löst man die Kassen-Reserven nämlich auf, steigen um diesen Betrag die Staatsschulden und das strukturelle Defizit. Und zwar sprunghaft um 0,7 auf dann 1,2 Prozent.

Erlaubt ist aber maximal ein strukturelles Defizit von 1,0 Prozent. Das heißt, man riskiert damit ziemlich sicher, wie es heißt, ein EU-Defizitverfahren mit möglichen Strafzahlungen an Brüssel.

Skepsis herrscht im Ministerium aber auch prinzipiell: Manche Kassen sind kräftig im Plus, andere defizitär. Die Auflösung vorhandener Reserven käme einer Bestrafung jener Kassen gleich, die bisher ordentlich gewirtschaftet haben.

Kritik hatte zuvor auch die Chefin des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Ulrike Rabmer-Koller, geübt. Die Rücklagen der Kassen seien die eiserne Reserve der Versichertengemeinschaft.

Derzeit verfügten gerade einmal sechs von 14 Krankenkassen über den gesetzlich vorgeschriebenen "Notgroschen" von nicht einmal 200 Euro pro Österreicher: "Wenn die Politik will, dass man für den Krisenfall einer Epidemie nicht mehr gerüstet ist, muss man das offen bekennen", so Rabmer-Koller.